Im Südosten von Hannover befindet sich das größte Neubaugebiet Niedersachsens. Auf dem Areal, für das schon seit Jahrzehnten Bebauungspläne bestehen, wird eine hochwertige Kombination aus Nachhaltigkeit und bezahlbarem Wohnraum realisiert. Dabei werden die Gebäude auf den insgesamt 37 Baufeldern zu rund 70 Prozent aus Kalksandstein von KS-Original gebaut.

Bereits in den 1950er Jahren gab es erste Pläne zur Bebauung des gesamten Kronsbergs, ein etwa sechs Kilometer langer Hügelrücken am südöstlichen Stadtrand, der Hannover um durchschnittlich 63 Meter überragt. Mit der Entscheidung für die EXPO 2000 in Hannover und der Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs für eine Teilfläche des Kronsberg, wurde die einstige Vision gebaute Realität. Auf zwei Dritteln entstand das gleichnamige Stadtgebiet Kronsberg, hinter dem zwei Ideen steckten: Einerseits war es mit seinem außergewöhnlichen ökologischen Standard ein Exponat zu dem Ausstellungsthema MENSCH – NATUR – TECHNIK. Andererseits musste es den vielen EXPO-Mitarbeitenden ein Zuhause auf Zeit bieten. Obwohl der Kronsberg schon als mehrteiliges Stadtentwicklungsgebiet geplant war, wurde zur EXPO nur der Nordteil umgesetzt. 18 Jahre später folgte der Bebauungsplan für den südlichen Teil, das heutige Kronsrode mit rund 4.000 neuen Wohneinheiten.

Draußen in der Stadt

„Zum Ersten ist es das größte Neubaugebiet Niedersachsens. Nicht der Wohnstandort draußen vor der Stadt, sondern ein Quartier mit urbanen Qualitäten. Zweitens handelt es sich um ein Gebiet, das eine hohe Nachhaltigkeit, eine hohe Wertigkeit, hat. Man sieht dies besonders in der Bauausführung und auch im öffentlichen Raum. Und zum Dritten erfolgte die Umsetzung zusammen mit anderen, d.h. kooperativ. Genau das macht diesen Standort aus.“, erläutert Hannovers Stadtbaurat Thomas Vielhaber.

Die Stadt hat das 53 Hektar große Gebiet früh als Wohnbaufläche dargestellt – so konnte Kronsrode mit zwei Stadtbahn-Haltestellen an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen werden und von bestehender Infrastruktur profitieren. In einem kooperativen Planungsverfahren begleiten die Stadt- und Landschaftsplaner WEST 8 aus Rotterdam, die Kölner Architekten und Stadtplaner ASTOC und Hannovers Verkehrsplaner SHP Ingenieure das Wohnbaugebiet seit den Anfängen. Zusammen mit der Stadt Hannover haben sie ein Gestaltungshandbuch entwickelt, das bis heute Grundlage für die Qualitätssicherung ist. Es stellt zum Beispiel konkrete Regeln für die Realisierung der Straßen, Parks und Plätze sowie der Baufelder und der Gebäude des neuen Quartiers.

Hohe Standards zugunsten ökologischer Qualität

Ulrike Hoff, die verantwortliche Stadtplanerin, verweist darauf, dass man zwischen zwei schwer zu vereinbarenden Aspekten abzuwägen hatte: Will man ein öko-soziales Leuchtturmprojekt oder schnell bezahlbaren Wohnraum? „Die Vorgabe war, dass tatsächlich in jedem Baublock ein Viertel an geförderten Wohnungen ist – die man nicht sieht, weil sie dem gleichen Gestaltungsanspruch und dem gleichen baulichen Zusammenhang entsprechen“, erklärt die Stadtplanerin. Als Kompromiss und im Sinne eines sorgsamen Umgangs mit Grund und Boden ist ein kompakter Bebauungsansatz mit meist viergeschossiger Höhe und langlebigen, nachhaltigen Klinkerfassaden gewählt worden. So entsteht eine für die Stadtrandlage eher ungewöhnliche Dichte. Andererseits sollen alle Innenhöfe grün gestaltet und autofrei sein. Dafür werden Tiefgaragen unter allen Baufeldern errichtet. Die städtischen Standards zu energetischen und anderen ökologischen Aspekten liegen über den gesetzlichen Forderungen. Das gilt auch für eine Materialliste, die FCKW, Biozide, Formaldehyd, Isocyanate oder Tropenholz verbietet und den Gebrauch anderer Materialien wie Aluminium und PVC weitestgehend einschränkt. In diesem Zusammenhang erfüllt der Kalksandstein die Vorgaben in höchstem Maße. Denn der energiearm und umweltschonend hergestellte Mauerstein besteht aus den rein natürlichen Inhaltsstoffen Kalk, Sand und Wasser – es werden keine chemischen Zusätze hinzugefügt.

Massive Bauweise für ruhige Wohnräume

Das Quartier muss sich zwei weiteren großen Herausforderungen stellen. Kronsrode liegt in relativ steiler Hanglage mit Gefälle in Richtung Stadtbahn. Um die Tiefgaragen, das Gleisbett und natürlich auch die Wohnungen bei Starkregen vor Flutung zu schützen, bedurfte es mehrerer Maßnahmen. Zudem grenzt Kronsrode an das Gewerbegebiet Stockholmer Allee. Neben einer entsprechenden Grundrissorientierung, gebäudehohen Glaswänden und besonderen Fensterkonstruktionen wird theoretisch möglichem Lärm mit geeigneten Baustoffen begegnet. Auch hier zahlen sich die positiven Eigenschaften des Kalksandsteins aus. Mit seiner hohen Rohdichte sorgt er für einen besonders guten Schallschutz und wird deshalb zu 100 Prozent in den Gebäuden entlang der Kante zu Stadtbahn und Gewerbegebiet eingesetzt.

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