Ein gutes halbes Jahr vor der INTERSCHUTZ: Worin besteht aus Ihrer Sicht die wichtigste Aufgabe für die Kommunen, um die deutschen Feuerwehren zukunftsfähig aufzustellen? Die heimischen Feuerwehren sind ein wichtiger und unverzichtbarer Pfeiler unserer Sicherheitsarchitektur. Das gilt für die Freiwilligen Feuerwehren in gleicher Weise wie für die Berufsfeuerwehren. und der Einsatzoptimierung.

Damit die vielfältigen Aufgaben im Brand- und Katastrophenschutz verlässlich erfüllt werden können, müssen wir zunächst auf die richtigen Rahmenbedingungen achten. Insbesondere bei den Freiwilligen Feuerwehren sind die Kommunen gefordert, für eine sachgerechte und zeitgemäße Ausstattung zu sorgen. Das gilt naturgemäß vor allem für die technische Ausstattung, die vielerorts erneuerungsbedürftig ist. Als Innovationsforum bietet die INTERSCHUTZ hierzu reichlich Gelegenheit. Denn leistungsfähige und moderne Fahrzeug-, Aufbau- und Ausrüstungstechnik rechnet sich immer – im Sinne der Sicherheit

In welchem Bereich besteht der größte Bedarf, wenn es um eine verbesserte Ausstattung geht: Fahrzeuge, Ausrüstung, Führungspersonal oder Mannschaft?
Die Erfahrung zeigt, dass ein klug durchdachtes Gesamtkonzept den größten Erfolg verspricht. Natürlich müssen hierzu die Fahrzeuge, muss die Ausstattung auf einem modernen Stand gehalten werden, was angesichts einer Vielzahl in die Jahre gekommener Fuhrparks sicher eine anspruchsvolle, wenn auch nicht unlösbare Aufgabe ist. Ähnliches gilt übrigens für eine aktive Nachwuchsarbeit.

Entscheidend ist bei allen Herausforderungen, die vor uns liegen, das große Ganze im Blick zu behalten. Mit anderen Worten: Die Feuerwehren, allen voran die freiwilligen, stehen vor einem gewaltigen Umbruch, denn wir haben heute viele Feuerwehren, die sehr klein sind. Wollen wir den unaufhaltsamen Strukturwandel zielführend gestalten, so bedarf es übergreifender Kooperationskonzepte auf technischer, personeller und organisatorischer Ebene.

Werfen wir einen Blick in die deutschen Feuerwehren: Wie groß sind die Fuhrparks der Feuerwehren?
Von Freising bis Flensburg sind etwa 10.000 Feuerwehrfahrzeuge im Brand- und Katastrophenschutz unterwegs. Die Mehrheit der Feuerwehren hat in der Fahrzeugklasse unter 7,5 Tonnen zwei bis vier Fahrzeuge im Einsatz und in den darüberliegenden Klassen nochmals die gleiche Zahl. Das ist ein Versorgungsgrad, der in der Fläche eine gute Abdeckung sicherstellt.

Wie hoch ist aktuell das Investitionsniveau für Feuerwehrfahrzeuge in Deutschland?
Die Feuerwehrtechnikbranche befindet sich im dritten Jahr in Folge in einer regelrechten Boomphase. Mit einem Wort: Die Feuerwehren investieren kräftig in neue Fahrzeuge und Ausrüstung! Traditionell am meisten nachgefragt sind Löschfahrzeuge, die gut ein Viertel des Gesamtgeschäfts ausmachen.

2017 erlebten wir ein Allzeithoch, 2018 das zweithöchste je ermittelte Ergebnis mit insgesamt 2.787 neu zugelassenen Fahrzeugen. Aktuell liegen wir erneut 10 Prozent über Vorjahresniveau. Das alles sind natürlich hervorragende Nachrichten, die uns mit Schwung auf die Branchenleitmesse INTERSCHUTZ blicken lassen.

Ersatzbeschaffung oder Innovationen – wohin fließen die Investitionen?
Investitionsgegenstand sind in der Regel Neufahrzeuge. Insofern beschaffen die Feuerwehren selbstverständlich stets die aktuellste Technikgeneration, die gerade am Markt verfügbar ist. Das gilt für die Freiwilligen Feuerwehren genauso wie für die Berufsfeuerwehren. Die einzige Differenz liegt in den vielfach deutlich längeren Investitionszyklen der Freiwilligen Feuerwehren.

Standardisierung und Zentralbeschaffung sind wichtige Branchenthemen. Wie schätzen Sie hier die Lage ein?
Zentralbeschaffungen sind mittlerweile integraler Bestandteil im Investitionsprozess der Feuerwehren. Das gilt natürlich ganz besonders für standardisierte Fahrzeuge, da hier erhebliche Synergieeffekte auf der Hand liegen. Die Zusammenarbeit mit den Beschaffungsorganisationen ist gut eingespielt und vollzieht sich auf einem ausgesprochen professionellen Niveau. Dies hat Vorteile für die Kunden, aber auch für die Industrie – im Kern also eine Win-Win-Situa­tion, die beiden Seiten nützt.

Zumindest auf wirtschaftspolitischer Ebene wird viel über den Elektroantrieb gesprochen. Welche Rolle spielt dieser bei Feuerwehrfahrzeugen?
Elektrische Antriebs- und Steuerungskonzepte sind auch in der Feuerwehrtechnik ein bedeutender Technologietrend. Schließlich forscht die Industrie intensiv an entsprechenden Lösungen. Für vollelektrische Fahrantriebe kommt vorerst vor allem das Segment der kleineren Fahrzeuge in Frage. Befeuert wird die Thematik natürlich auch von einem politischen Impetus, der zunehmend auf klima- und umweltfreundliche Lösungen drängt, wobei nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass auch moderne Dieselantriebe ausgesprochen klimaeffizient unterwegs sind.

Das Leitthema der INTERSCHUTZ ist Digitalisierung und Vernetzung. Wo wird die Feuerwehr digital?
Digitale Vernetzung ist in den Entwicklungsabteilungen der Industrie längst zu einem Leitthema geworden. Schließlich eröffnet es spannende Perspektiven – angefangen beim ‚Smart Home‘, das mittels präziser Sensortechnologie bereits vor dem Eintreffen der Einsatzkräfte Prognosen zu Schadensbild und -verlauf zulässt, über ‚intelligentes Routing‘, das dynamische Verkehrslagen berücksichtigt und für die sprichwörtliche „grüne Welle“ sorgt, bis hin zur rechnergestützten Branddetektion und -bekämpfung mithilfe von Drohnen.

All das und noch viel mehr ist technisch bereits möglich. Allerdings müssen digitale Assistenzsysteme und vernetzte Einsatzprozesse ebenso wie konventionelle Technik an ihrer Gebrauchstauglichkeit gemessen werden. Das heißt, Fahrzeuge und Ausrüstung müssen den spezifischen Einsatzbedingungen gerecht werden. Das ist auch der Grund dafür, dass manche elegant navigierbare Touchscreen-Lösung ein analoges Backup zur Seite gestellt bekommt, um die Bedienbarkeit auch unter extremen Verhältnissen sicherzustellen.

Die INTERSCHUTZ ist eine internationale Messe. Welche Position haben die deutschen Fahrzeughersteller und -ausstatter auf dem globalen Markt?
Überall auf der Welt sind die europäischen Standards in der Feuerwehr- und Rettungstechnik hochgeschätzt. Für Fachbesucher und Kaufentscheider rund um den Globus ist die INTERSCHUTZ daher das Innovationsforum, um qualitativ hochwertige Fahrzeug- und Ausrüstungskomponenten zu beschaffen.

Weitere Informationen unter:
www.interschutz.de
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