Stiftungen sind ein probates Mittel, wenn es darum geht, dauerhaft Gutes tun zu wollen. Wenn aber die Stiftungstätigkeit eingeschränkt werden muss, um das Vermögen der Ewigkeitsstiftung nicht zu gefährden, sollte man über eine Verbrauchsstiftung nachdenken – ganz im Sinne von Martin Luther, der dazu aufrief mit dem Guten verschwenderisch umzugehen.

Stiftungen sind normalerweise für die Ewigkeit angelegt, denn laut Stiftungsrecht muss das einmal gestiftete Grundvermögen erhalten bleiben und nur die Erträge dürfen für den Stiftungszweck eingesetzt werden – eine echte Herausforderung im inzwischen schon länger anhaltenden Niedrigzinsumfeld für die über 21.000 rechtsfähigen deutschen Stiftungen des bürgerlichen Rechts. So gehen nach einer aktuellen PwC-Studie 95 Prozent der befragten Stiftungen davon aus, dass ihre Einnahmen in den nächsten vier bis fünf Jahren sinken werden. Entsprechend rechnen 82 Prozent damit, dass sie ihre Fördertätigkeit einschränken müssen. Die Möglichkeit, Stiftungsgelder in Aktien zu investieren, um ihr Kapital zu erhöhen, wird eher selten angewendet, da diese Vorgehensweise auf Grund des schwankenden Aktienmarktes stark risikobehaftet ist. Somit haben Stiftungen, die ihr Kapital sicher anlegen müssen, mittelfristig so gut wie keine Chance mehr, Erträge zu erwirtschaften. Und damit können sie auch nicht mehr ihrem Stiftungszweck – der Förderung gemeinnütziger oder mildtätiger Aufgaben – nachgehen.

Vor diesem Hintergrund gewinnen sogenannte Verbrauchsstiftungen immer mehr an Bedeutung. Die Zulässigkeit dieser Verbrauchsstiftung hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts vom 28. März 2013 (§ 80 Absatz 2 BGB) ausdrücklich geregelt. Danach kann neben den Kapitalerträgen auch mit dem Grundkapital gefördert werden. Ist das Vermögen – bestenfalls mit Erfüllung des Stiftungsziels – aufgezehrt, endet die Stiftung.

„Allerdings ist die Umwidmung einer klassischen Stiftung in eine Verbrauchsstiftung rechtlich nicht ganz unproblematisch“, erklärt der Jurist Dr. Stefan Berz, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei der Sozietät LKC Kemper Czarske v. Gronau Berz aus Grünwald bei München. Die Kanzlei ist Mitglied bei der LKC-Gruppe, die zu den 20 führenden Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften in Deutschland zählt. „Unmöglich ist es aber nicht, etwa wenn Zustiftungen zu erwarten sind, mit denen sich mögliche Kapitallücken wieder schließen lassen.“ Für eine Umwandlung wird in jedem Fall die Zustimmung der Stiftungsbehörden benötigt. Und deren Praxis ist einheitlich restriktiv: „Der Vermögensverbrauch wird als Ultima Ratio betrachtet, der nur in Frage kommt, wenn sich die Stiftungszwecke nicht mehr anders erfüllen lassen“, sagt Berz, der darauf spezialisiert ist, Stiftungen und andere gemeinnützige Einrichtungen steuerlich und rechtlich zu beraten.

Neugründen ist einfacher als umwandeln

Die Neugründung einer Verbrauchsstiftung ist hingegen ungleich einfacher. Dabei soll das Grundstockvermögen nach dem Willen des Stifters in einer bestimmten Zeitspanne ganz oder zum Teil für die Verwirklichung des Stiftungszwecks eingesetzt werden. In Deutschland wird das Instrument der Verbrauchsstiftung noch eher selten genutzt. Experten gehen aber davon aus, dass sich das in Zukunft ändern wird. Denn insbesondere auch für die Lösung mittelfristiger Probleme und Aufgaben – etwa die Bewältigung des Flüchtlingsaufkommens – ist die Verbrauchsstiftung ein probates Mittel zur Finanzierung. Gerade Kommunen und Kreise können damit einen Weg beschreiten, der ihnen viele interessante Möglichkeiten bietet. Prominentes Beispiel: die Stiftung zum Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden.

Allerdings ist grundsätzlich zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Stiftungen zu unterscheiden: Die privatrechtliche Stiftung ist in den §§ 80 ff BGB geregelt. Die öffentlich-rechtlichen Stiftungen haben keine einheitliche gesetzliche Behandlung. Sie sind in das System der staatlichen Verwaltung eingegliedert und erfüllen öffentliche Aufgaben. Dabei können in beide Stiftungen die unterschiedlichsten Vermögenswerte einfließen, etwa Bankguthaben, Finanzanlagen, Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kunstwerte und alle möglichen sonstigen Sachwerte.

Verbrauchsstiftung als sinnvolles Instrument

Zu beachten ist in jedem Fall die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Ewigkeits- und Verbrauchsstiftung. So kann der Stifter einer Verbrauchsstiftung nur die allgemeinen spendenrechtlichen Abzugsbeträge des § 10b Abs. 1 EStG in Anspruch nehmen. Die Summe der Zuwendungen darf also zwanzig Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht überschreiten. Und der Sonderausgabenabzug von bis zu einer Million Euro darf im Gegensatz zu herkömmlichen Stiftungen nicht in Ansatz gebracht werden. Doch auch die Verknüpfung beider Stiftungsvarianten stellt eine Option dar: So kann in der Satzung durchaus geregelt werden, dass neben einem nicht verbrauchbaren Vermögen die Stiftung ergänzend mit einem zu verbrauchenden Vermögen ausgestattet wird.

Dass viele Berater dennoch selten zur Gründung einer Verbrauchsstiftung raten, liege laut Berz einerseits an der noch bestehenden Zurückhaltung bei der Anerkennung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde, andererseits aber auch an der mangelnden Erfahrung mit der Gründung von Verbrauchsstiftungen. „Das ist eigentlich schade, da der Gesetzgeber das Recht auf Errichtung einer Verbrauchsstiftung ausdrücklich geregelt hat“, stellt der Experte fest. „Insofern sollten Kommunen und Kreise dieses sinnvolle Instrument gerade bei der Integration von Flüchtlingen in ihre Überlegungen mit einbeziehen.“

Nachgefragt bei …Verbrauchsstiftung

…Dr. Stefan Berz von der Steuerberatungssozietät LKC Kemper Czarske v. Gronau Berz in Grünwald bei München.

Warum kann es für eine Gemeinde oder einen Kreis Sinn machen, eine Verbrauchsstiftung zu gründen, um die Herausforderungen des Flüchtlingszuzugs besser meistern zu können?

Da gibt es eine ganze Reihe von Gründen: Beispielsweise die steuerlichen Aspekte der Gemeinnützigkeit und der klare Zweckbezug in Verbindung mit einer gewissen Nachhaltigkeit – beides erleichtert die Finanzierung. Hinzu kommt die Trennung vom kommunalen Haushalt, aber auch eine bessere öffentliche Wahrnehmung. Und die Verbrauchsstiftung hat im Gegensatz zur Ewigkeitsstiftung den klaren Vorteil, dass sofort die Stiftungstätigkeit aufgenommen werden kann, ohne auf den Erhalt des Stiftungsvermögens achten zu müssen. Inzwischen engagieren sich übrigens viele Stiftungen für die Integration von Flüchtlingen. Wer sich dazu austauschen will oder Kooperationspartner sucht, wendet sich am besten an den Bundesverband Deutscher Stiftungen.

Welche Finanzierungsmöglichkeiten hat eine Verbrauchsstiftung?

Da ist zuerst einmal das Gründungsvermögen. Hinzu kommen die daraus entstehenden Erträge. Dann gibt es die Möglichkeit von Zustiftungen in Form von Spenden oder Erbschaften – hier lässt sich mit Fundraising einiges bewegen. Aber gerade für die Integration von Flüchtlingen gibt es auch unterschiedliche Zuschüsse und Fördermittel, um die man sich als Stiftung bewerben kann. Eine Liste der Fördermittel finden Sie hier:

https://www.bpb.de/partner/akquisos/222387/foerdermittel

Wie stellt sich denn ganz allgemein eine Stiftungsgründung dar?

Der Stifter erklärt im Rahmen des sogenannten Stiftungsgeschäfts (BGB § 81) seinen Willen, eine Stiftung zu gründen. Darin verpflichtet er sich auch, ein bestimmtes Vermögen auf die noch zu entstehende Stiftung zu übertragen. In einer Satzung entwirft der Stifter dann das rechtliche Gerüst für seine Stiftung. Hier legt er insbesondere den Zweck der Stiftung fest und welche Rechtsform und Organe die Stiftung haben soll – verpflichtend ist ein Vorstand, der die Stiftung nach außen vertritt und für sie handelt (§§ 86, 26 BGB). Erst mit der staatlichen Anerkennung des Stiftungsgeschäfts durch die Stiftungsbehörde erlangt die Stiftung den Status einer juristischen Person und damit Rechtsfähigkeit. Erfahrungsgemäß sollte man für den ganzen Prozess mindestens drei Monate einplanen.

Rechtliche Anerkennung der Verbrauchsstiftung

Auch wenn Verbrauchsstiftungsmodelle in der Praxis bereits seit geraumer Zeit zum Einsatz kommen, wurde letztlich erst mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 21. März 2013 Klarheit darüber geschaffen, dass diese auch rechtlich anzuerkennen sind. Wobei für die Anerkennung einer Verbrauchsstiftung sowohl das Bundes­ als auch das Landesrecht berücksichtigt werden müssen. Weitere Informationen zur unterschiedlichen Rechtslage gibt es auf:

https://www.stiftungen.org/de/stiftungswissen/recht-und-steuern/landesstiftungsgesetze.html

Eine Verbrauchsstiftung ist wie jede Stiftung rechtsfähig, wenn unter anderem die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint. Dabei wird in der Regel von einer Mindestdauer der Stiftungstätigkeit von zehn Jahren ausgegangen.

Auch im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit hat eine Verbrauchsstiftung die gleichen Kriterien wie eine Ewigkeitsstiftung zu erfüllen: Die Stiftungstätigkeit muss auf die selbstlose Förderung der Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet ausgerichtet sein. Wobei statt gemeinnütziger auch mildtätige Zwecke verfolgt werden können. Die Flüchtlingsarbeit lässt sich jedenfalls unter diese Zwecke einordnen, wird daher als gemeinnützig anerkannt und fällt unter die Steuerbegünstigung.

Um die Gemeinnützigkeit nicht aberkannt zu bekommen, muss in der Satzung der Verbrauchsstiftung vermerkt werden, dass bereits während des Bestehens ein Teil des Stiftungskapitals ausgegeben werden darf. Wichtig ist dabei, dass auch bei der Verwendung des Vermögens die Gebote der Ausschließlichkeit (§ 56 Abgabenordnung), der Unmittelbarkeit (§ 57 AO) und der Selbstlosigkeit (§ 55 AO) befolgt werden.

Zur Person:

Dr. Stefan Berz ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei der Sozietät LKC Kemper Czarske v. Gronau Berz aus Grünwald bei München. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen unter anderem in der gesellschafts-, steuer- und bilanzrechtlichen Beratung mittelständischer Unternehmen, in der steueroptimierte Nachfolgeplanung sowie der Betreuung von gemeinnützigen Einrichtungen aller Rechtsformen sowie von Verbänden. Stefan Berz wurde 1958 in Reutlingen geboren und lebt mit Ehefrau und seinen beiden Zwillingstöchtern in München.

LKC-Gruppe

Die LKC-Gruppe ist Mitglied von HLB Deutschland und berät an 19 Standorten in Bayern, unter anderem in München und Nürnberg, aber auch in Berlin und Stuttgart in allen Fragen der Wirtschaftsprüfung sowie der Steuer- und Rechtsberatung. Sie beschäftigt rund 400 Mitarbeiter, davon mehr als 75 Berufsträger, und bietet Full-Service für Unternehmer, Unternehmen, Freiberufler, aber auch für Stiftungen, Vereine und Kommunen an. Die LKC-Gruppe hat 2015 einen Umsatz von 30 Millionen Euro erzielt und gehört damit bundesweit zu den 20 führenden Gesellschaften der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüferbranche. Weitere Informationen unter www.lkc.de.

HLB Deutschland GmbH

HLB Deutschland ist ein 1972 gegründetes Netzwerk von 20 selbstständigen und unabhängigen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften an 34 Standorten. Aktuell sind 197 Partner und 1.312 Berufsträger und Mitarbeiter unter dem Dach der HLB Deutschland für die meist mittelständischen Mandanten in Wirtschafts- und Steuerfragen tätig. HLB Deutschland gehört mit einem Gesamtumsatz der einzelnen Mitglieder von 173 Millionen Euro im Jahr 2015 zu den Top 3 der in Deutschland tätigen Netzwerke. HLB Deutschland ist unabhängiges Mitglied von HLB International. Weitere Informationen unter www.hlb-deutschland.de.

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