Mit Sicherheit ein Fall für die Aufsicht

Kritisch verfolgen Experten und Prüfinstitutionen die Vergabe öffentlicher Aufträge in Form von Großlosen. Diese Praxis verstoße gegen geltendes Recht, verteure die Projekte und führe nicht selten zu erheblichen Qualitätsmängeln.

„Über vielen Kommunen schwebt das Damoklesschwert, dass Vergaben von den Aufsichtsbehörden beanstandet und gegebenenfalls Zuschüsse zurückgefordert werden“, so Norbert Porz. Der Dezernent und Vergabeexperte beim Deutschen Städte- und Gemeindebund (DSTGB) beschreibt einen Tatbestand, der zunehmend für Ärger sorgt: Weil die Personalressourcen knapp sind, wird der Koordinierungsaufwand bei Aufträgen reduziert. Dies geschieht durch die Bündelung von Einzelleistungen. Etwa von Elektro, Gebäudeautomation und Sicherheitstechnik zu einem Paket „Technische Gebäudeausrüstung“. Dies jedoch ist oft rechtswidrig.

„Gebietskörperschaften und Unternehmen in öffentlicher Trägerschaft bzw. mit wesentlicher öffentlicher Beteiligung sind strikt an die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) gebunden“, erläutert Dr. Ulrich Dieckert, Rechtsanwalt und Experte für Bau- und Vergaberecht in der Kanzlei WRD Witt Roschkowski Dieckert.

Gemäß § 5 VOB/A sind Leistungen „in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern“. Dieckert: „Daraus ergibt sich eindeutig, dass die Fachlosvergabe die Regel und die Generalvergabe eine gut zu begründende Ausnahme darstellt.“ Daran habe auch durch Vergaberechtsreform 2016 nichts geändert.

„Technische Gründe“ sprechen in vielen Fällen allerdings dagegen. So weist zum Beispiel der BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e. V. darauf hin, dass Sicherheitstechnik fachlich von allgemeiner Elektrotechnik zu trennen sei. „Kaum ein Betrieb kann eine Gesamtplanung abdecken. Bei den unterschiedlichen Sicherungstechniken sind viele spezifische Normen, Richtlinien und Bauvorschriften zu berücksichtigen“, betont BHE-Geschäftsführer Dr. Urban Brauer.

Auch die Untervergabe an einen Fachbetrieb löse das Problem nicht, sondern schaffe ein zusätzliches. Nicht nur, dass dem Generalunternehmer das Know-how für eine qualifizierte Ausschreibung fehlt. „Eine mangelhafte Kalkulation setzt den Sub zeitlich und finanziell derart unter Druck, dass ein sinnvolles Sicherheitskonzept kaum mehr realisierbar ist“, so Brauer.

Generalvergaben sind in aller Regel auch nicht wirtschaftlicher. Norbert Porz vom DSTDB verweist auf entsprechende Erfahrungen der Rechnungshöfe, nach denen sich Projekte um bis 15 Prozent verteuern. „Parallelausschreibungen haben gezeigt, dass Generalunternehmervergaben in der Regel zu höheren Baukosten führen, da Generalunternehmer für Wagnis und Gewinn sowie zur Abdeckung ihres Koordinationsaufwands kalkulatorische Zuschläge auf die Preise der Nachunternehmer erheben“, so Hartmut Herle, Sprecher des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz.

Weitere Informationen unter:
www.bhe.de
KD1605008
Vorheriger ArtikelBiogasanlagen vor Schwefelsäureangriff schützen
Nächster ArtikelHistorische Finanzwende in Kirchhundem