Eine hohe Besiedlungsdichte, intensive landwirtschaftliche Nutzung, ausgeprägte Industrieproduktion – schon diese wenigen Stichworte machen deutlich, warum in Deutschland die intensive Reinigung von Abwässern und Regenwasser elementar ist. Rund um die Uhr funktionierende Klärwerke sorgen für den Erhalt der Lebensqualität, des Lebensraums und der Gesundheit. Die Prozessüberwachung ist daher ein wichtiger Baustein für die Funktionssicherheit und auch Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen. Im Gruppenklärwerk Wendlingen (GKW) am Neckar hat deswegen WDV-Molliné Durchflussmessungen per Ultraschall nachgerüstet, um so von der Gebäudeleitstelle aus fünf Großpumpen einzeln zu kontrollieren.

Wenn in dem Beschickungspumpwerk des GKW Wendlingen alle Pumpen laufen, bebt der Boden: In der Spitze fördern die fünf Pumpen rund 1.400 Liter pro Sekunde auf sieben Meter Höhe. Diese Leistung ist auch dringend erforderlich: Hier kommt das Abwasser aus einem Einzugsgebiet mit etwa 90.000 Einwohnern an. Dazu addieren sich Abwässer aus zahlreichen Industriebetrieben, die ein Volumen in der Größenordnung von 50.000 Einwohnern zuleiten, sowie die Nieder­schlagsmengen.

Die Kapazität des Wendlinger Gruppenklärwerks hat aber sogar noch Reserven für weitere Ansiedlungen. Kopfzerbrechen machen dem Leiter der Instandhaltung des GKW, Oliver Lajdych, vielmehr bestimmte Feststoffe, die mit dem Abwasser im Klärwerk ankommen: „Feuchttücher sind ein großes Problem für alle Klärwerke“, erläutert Lajdych. „Sie gehören in den Hausmüll und nicht in die Toilette. Denn anders als normales Toilettenpapier löst sich das im Wasser nicht auf. Im Gegenteil: Die Feuchttücher saugen sich mit Fetten voll und verzopfen zu langen Strängen. Dadurch verschleißen und verstopfen Pumpen und andere Bauteile der Hydraulik schneller“, beschreibt Lajdych die Folgen der üblich gewordenen, aber unsachgemäßen Entsorgung dieser und anderer Hygieneartikel.

Den „Herzschlag“ der Pumpe aufzeichnen

Die Funktionssicherheit des Klärwerks ist auf der einen Seite ein Muss. Die Wirtschaftlichkeit aber ebenfalls, um die Bürger nicht durch permanent steigende Gebühren zu belasten. Im Gruppenklärwerk Wendlingen wurde deshalb nach der Möglichkeit einer messtechnischen Überwachung jeder einzelnen Pumpe im Beschickungspumpwerk gesucht.

Oliver Lajdych erklärt den Hintergrund: „Trotz intensiver, mechanischer Vorreinigung können einzelne Hygieneartikel und andere Feststoffe bis zum Pumpwerk durchkommen. Das beschleunigt den Verschleiß der Pumpe, aber auch der Rückstauklappe. Für eine rechtzeitige Instandhaltung müssen wir allerdings wissen, wie es um jede der fünf einzeln zuschaltbaren Pumpen bestellt ist“, so Lajdych. Bis dato war nur im Ablaufrohr des Pumpenwerks ein magnetisch-induktiver Durchflussmesser (MID) vorhanden. Somit konnte lediglich die Förderleistung in ihrer Gesamtheit erfasst werden.

Der Messtechnikspezialist WDV-Molliné aus Stuttgart wurde mit der Lösung dieser unbefriedigenden Situation beauftragt. Dirk Reitzle untersuchte die Installationsbedingungen vor Ort, um ein zuverlässiges Messstellenkonzept zu entwickeln. „Die Herausforderungen waren vielfältig“, berichtet Reitzle: „Eine mechanische Messung schied aufgrund des Feststoffanteils im Abwasser von vornherein aus. Für eine fest installierte Ultraschallmessung oder magnetisch-induktive Durchflussmessung fehlte aber eine ausreichend lange Rohrstecke, in der sich Turbulenzen im Medium beruhigen können. Somit hätte die Anlage mit immensen Kosten umgebaut werden müssen.

Außerdem konnte die Messung baulich nur auf der Saugseite der Pumpe erfolgen. Auf der Druckseite sind Schieber und Rückstauklappe im Weg. Da Ultraschallmessgeräte einen gewissen Druck für eine exakte Messung benötigen, ist dieser Messpunkt in der Regel nicht so geeignet“, fasst der Messtechnikexperte die schwierigen Gegebenheiten zusammen. Eine Lösung wurde dennoch gefunden …

Aufgeschnallte Ultraschallmesstechnik

Statt die Ultraschallmesstechnik ins Rohr einzubringen entschied Dirk Reitzle, die „aufgeschnallte“ Variante einzusetzen: „Sogenannte Clamp-on-Ultraschallzähler werden mit Stahlbändern einfach von außen auf dem Rohr festgespannt. Sie senden Ultraschallsignale in das Rohr und empfangen wiederum den reflektierten Schall. Die Fließgeschwindigkeit des Mediums verändert die Reflexionszeit des Ultraschalls. Eine Elektronik wertet die Laufzeitdifferenzen aus und berechnet mit Hilfe des Rohrdurchmessers die Durchflussmenge“, erläutert Reitzle das Messprinzip.

Um die grundsätzliche Funktion dieses Systems ohne großen Aufwand zu testen, wurde durch das WDV-Molliné Technikerteam zunächst eine Probemessung mit dem Clamp-On-Portable eingerichtet und die Funktion geprüft. Das Einrichten der Messstellen verlangte bei dem Pumpenwerk in Wendlingen sehr viel Erfahrung: „Auf der Saugseite der Pumpen verläuft das Rohr konisch.
Da die Ultraschallmessung jedoch den exakten Rohrdurchmesser für ein präzises Ergebnis benötigt, war Fingerspitzengefühl bei der Kalibrierung erforderlich“, erinnert sich Dirk Reitzle an die herausfordernde, aber erfolgreich abgeschlossene Aufgabenstellung des GKW.

Pumpenüberwachung per Gebäudeleittechnik

Mit einem 4 – 20 mA-Signal werden die Durchflussmengen jeder Pumpe nun an die Gebäudeleittechnik gemeldet. Über die neuen Analysemöglichkeiten ist Oliver Lajdych sehr froh: „Wir können so unsere Instandhaltung besser planen – zeitlich und auch betriebswirtschaftlich“, konstatiert der technische Leiter den entscheidenden Vorteil und macht das an einigen Beispielen deutlich.

Undichte Rückstauklappen verursachen unter anderem hohe Energiekosten. „Wenn eine Rückstauklappe nicht mehr richtig schließt und nur etwa 10 Prozent des Wassers wieder zurückfließen, muss die Pumpe diese Menge unnötigerweise erneut fördern. Das bedeutet also auch 10 Prozent höheren Energieaufwand“, macht Lajdych klar. Da jetzt ein Vergleich der einzelnen Pumpenleistung mit der gesamten Fördermenge möglich ist, fällt dieser Verschleiß sofort auf und kann behoben werden.

Ähnlich ist es bei den Pumpen. Durch die hohen Belastungen müssen die Aggregate in Abständen von sechs bis neun Monaten vollständig überholt werden. Wann der Zeitpunkt dafür tatsächlich gekommen ist, ergibt sich jetzt jedoch aus der Zeitreihe der aufgezeichneten Pumpenleistung. „Eine vorbeugende Instandhaltung auf Verdacht ist teuer. Der Ausfall einer Pumpe, weil der Zeitpunkt dafür verpasst wurde, ist hingegen noch teurer. Abgesehen vom ungeplanten Ausfall der Pumpe, der in der Regel zur schlechtesten Zeit kommt. Nun aber können wir wirklich den ‚Herzschlag‘ der Pumpe wie bei einem Kardiogramm aufzeichnen und ‚spüren‘, wenn die Pumpleistung kontinuierlich nachlässt“, erklärt Oliver Lajdych die betriebswirtschaftlichen Vorteile der lückenlosen Pumpenüberwachung.

Clamp-on-Ultraschallzähler vielseitig einsetzbar

Eingriffe in komplexe hydraulische Anlagen sind stets kostenintensiv und führen zu Anlagenstillständen, die oft nicht zu tolerieren sind. Clamp-on-Ultraschallmesser sind daher eine wirtschaftliche und sehr universelle Lösung. Denn damit lassen sich Messstellen im laufenden Betrieb in bestehenden Rohrleitungssystemen einrichten. WDV-Molliné stellt solche Durchflussmesser für Rohrleitungsgrößen von DN 10 bis 6.000 bereit, darüber hinaus aber auch Spezialisten für die Kalibrierung der Messstellen. Das Rechenwerk der Clamp-on-Ultraschallzähler kann als Datenlogger autark arbeiten oder zusätzlich die Werte an eine Gebäudeleittechnik senden.

Mit einer solchen Prozessüberwachung – wie im Fall des Gruppenklärwerks in Wendlingen – lassen sich spontane Anlagenausfälle verhindern, Instandhaltungsarbeiten gezielt planen und Energieeffizienzmaßnahmen quantifizierbar einleiten.

Weitere Informationen unter:
www.gkw-wendlingen.de
www.molline.de
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