Steigende Warenströme und hohe Anforderungen an Mobilität, Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz machen Straßen- und Bahntunnel unverzichtbar für eine leistungsfähige Infrastruktur. Tunnel ermöglichen neben einer effizienteren Streckenführung auch höheren Lärmschutz und geringere Umweltbelastungen. Die damit einhergehenden Herausforderungen an ihren Bau und Betrieb sind groß: Maximale Sicherheit für die Tunnelnutzer gilt es mit hoher Resilienz gegen Korrosion und dynamische Lasten zu vereinbaren – bei möglichst geringem Wartungsaufwand. Um Funktionsbeeinträchtigungen zu verhindern, sind entsprechend robuste und langlebige Lösungen gefragt. Eine Vielzahl zentraler Komponenten von Tunnelbauten wird deshalb aus besonders korrosionsbeständigem Edelstahl Rostfrei gefertigt.

Chloride aus Taumitteln und Schwefeldioxide aus Autoabgasen setzen Straßentunnel hoher korrosiver Belastung aus. Bahntunnel müssen korrosiven Stäuben aus dem Abrieb von Stahlrädern, Schienen und Kupferfahrleitungen sowie extremen Winddruck- und Sogbelastungen standhalten, die Hochgeschwindigkeitszüge bei der Durchfahrt auslösen. Zusammen mit der bauartbedingten anhaltenden Feuchtigkeit und fehlenden natürlichen Reinigung durch Regen führen diese aggressiven Rahmenbedingungen zu hoher Anfälligkeit von Tunnelkomponenten für Spannungsrisskorrosion und Lochkorrosion.

Für Stahlbaukonstruktionen gibt es fünf verschiedene Korrosionsbeständigkeitsklassen: CRC I (gering), CRC II (mäßig), CRC III (mittel), CRC IV (stark) und CRC V (sehr stark). Die einschlägigen Regelwerke schreiben vor, welcher Edelstahl wo im Tunnel eingesetzt werden darf. In Straßentunneln sind dies Sorten der Korrosionsbeständigkeitsklassen CRC III und CRC IV, höhere CRC sind laut Norm aber auch zugelassen. Für tragende Bauteile ist die CRC V verbindlich. Je nach Einsatzort der Komponenten – Decke, Wand oder Fahrtrichtung bei getrennten Röhren – ist die Korrosivität der Tunnelatmosphäre unterschiedlich stark ausgeprägt. Besonders hohe Anforderungen werden an die Dauerhaftigkeit von Befestigungen hinsichtlich Personen-, Brand- und Korrosionsschutz gestellt. Erfahrungsgemäß sind spaltbehaftete Konstruktionen in besonderem Maße anfällig für Korrosion.

Be- und Entlüftungssysteme

Gängige Edelstahlsorten im Tunnelbau für untergeordnete Bauteile (ohne Lastabtrag) sind die Werkstoffe 1.4401, 1.4571 und 1.4404 (CRC III) sowie 1.4462 (CRC IV). In einer über sieben Jahre durchgeführten Langzeitstudie* auf Initiative des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) wurden 250 verschiedene Prüfteile aus unterschiedlichen Stahlqualitäten auf ihre Korrosionsbeständigkeit in Tunnelatmosphäre unter Berücksichtigung verschiedener Einflussparameter untersucht. Hierbei erwies sich der nichtrostende austenitisch- ferritische Edelstahl 1.4462 als beständigstes Material. Dieser Duplex Edelstahl verbindet die höhere Festigkeit ferritischer Chromstähle mit der Korrosionsbeständigkeit austenitischer Chromnickelstähle.

Seine guten Verschleißeigenschaften in Bezug auf Ermüdung und Erosion sowie die gute Beständigkeit gegen Spannungsriss-, Loch- und interkristalline Korrosion empfehlen ihn für einen breiten Einsatz im Tunnelbau. Das qualifizierte ihn auch für den Einsatz im 492 Meter langen Straßentunnel Menkhauser Berg in Oerlinghausen südöstlich von Bielefeld. Im Zuge der Generalsanierung der gesamten Tunnelbetriebstechnik wurden unter anderem drei Strahlventilatoren und mehr als 2.100 Verbindungsteile wie Schrauben und Muttern aus diesem Werkstoff installiert.

Längstunnellüftungssysteme nutzen dazu an der Tunneldecke montierte Strahlventilatoren: Die Luft wird zur Belüftung axial angesaugt und mit hoher Geschwindigkeit wieder ausgeblasen.
Der Katzenbergtunnel auf der Bundesautobahn A3 bei Würzburg, den täglich rund 95.000 Fahrzeuge passieren – ein knappes Viertel davon Lkw – setzt zur Be- und Entlüftung der nördlichen Tunnelröhre auf Strahlventilatoren aus korrosionsbeständigen Edelstählen. Für Gehäuse und Schalldämpfer kamen die Sorten 1.4571 und 1.4404 zum Einsatz, die Aufhängung wurde in 1.4529 ausgeführt. Bei Querlüftungssystemen ziehen im Brandfall Axialventilatoren den Rauch über gezielt geöffnete Tunnelklappen zur Zwischendecke ab. Für die Konstruktionen der Rahmen, Lamellen, Achsen, Lager, Dichtbleche und Antriebsgestänge dieser Tunnelklappen ist die Edelstahlsorte 1.4571 gängige Praxis. Der Pfändertunnel, Bregenz, ist einer der am meisten befahrenen Tunnel in Österreich.

Zu seiner Entlastung erhielt er eine zweite, parallele Röhre, die die Straße von den beiden Lüftungsschächten trennt. Die auf ganzer Tunnellänge abgehängte Decke wird durch hochfeste Gewindeanker und Ankerplatten aus hochkorrosionsbeständigem Edelstahl gestützt. Der Graitery-Tunnel, Bern, führt durch das Juragebirge und verbindet die französische Grenze mit dem Schweizer Straßenverkehrsnetz. Über einen Lüftungsschacht in der Tunneldecke werden Abgase und im Brandfall auch Rauch abgezogen. Ein Aufhängesystem aus dem superaustenitischen Edelstahl 1.4529 stützt mit 116 Aufhängern die Betondecke unter diesem Schacht. Der Werkstoff wurde aufgrund seiner besonders hohen Korrosionsbeständigkeit und Festigkeit für die Aufhänger gewählt.

Sicherheitsrelevante Befestigungen

Grundsätzlich gelten Anker- und Befestigungssysteme für Versorgungsleitungen, Signalanlagen, Beleuchtung, Be- und Entlüftungsanlagen, Türen oder Brandschutzplatten als sicherheitsrelevante Komponenten und müssen deshalb aus Edelstahl der Werkstoffgüte CRC V gefertigt sein. Im Zuge der Sanierung des 635 Meter langen Hallepoort-Straßentunnels in Brüssel wurden Brandschutzplatten auf einer Unterkonstruktion aus Edelstahl montiert, bevor sie mit Deckennägeln und Bolzenankern aus korrosionssicherem Edelstahl an den Betonwänden fixiert wurden.

Für die Betonbewehrung von Innenwänden, Notgehwegen, Schlitzrinnen, Portalen oder Stützmauern von Tunneln empfehlen sich die Duplex Edelstähle 1.4362 und 1.4462 sowie der austenitische Edelstahl 1.4571 durch ihre hohe Korrosionsbeständigkeit. Das Tunnelgewölbe des Gotthard-Straßentunnel ist auf der gesamten Länge von 16,9 Kilometern beidseitig durch vorgestellte Betonplatten gegen Fahrzeugaufprall oder Schäden an der Tragstruktur im Brandfall geschützt. 1.018 dieser Wandplatten mussten im Portalbereich Süd bei Airolo ersetzt werden. Für die Bewehrung der neuen Platten kamen die Werkstoffgüten 1.4462 und 1.4003 zum Einsatz.

Weitere Informationen unter:
www.wzv-rostfrei.de
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