Als Partner des Zweckverbandes JenaWasser (KöR) kümmert sich die Stadtwerke Jena Netze GmbH um alle technischen Anlagen zur Wasserver- und Abwasserentsorgung in Jena und über 20 Städten und Gemeinden des Umlandes. Beim Abwassernetz ist Gunar Schmidt, Geschäftsführer der Stadtwerke Jena Netze GmbH, verantwortlich für alle Investitions- und Baumaßnahmen. Unterstützt wird er unter anderem von Werner Waschina, stellvertretender Werkleiter von Jena Wasser und Bereichsleiter Abwasser der Stadtwerke Jena GmbH. Die Stadtwerke Jena Netze haben eine eigene Tiefbauabteilung, die ein Gütezeichen Kanalbau RAL-GZ 961 für den Ausführungsbereich AK3 besitzt. 12 Mitarbeiter und eine gute maschinentechnische Ausstattung sind die Basis dafür, dass ein relativ angemessener Anteil an Baumaßnahmen selbst ausgeführt werden kann. Im folgenden Interview geben Gunar Schmidt und Werner Waschina Einblicke in die Arbeit am Jenaer Kanalnetz, berichten über ihre Erfahrungen mit der Gütegemeinschaft Kanalbau und über das Arbeiten in Zeiten der COVID-19-Pandemie.

Wie ist es um die Qualität des Jenaer Kanalnetzes bestellt?
Werner Waschina: Der Zweckverband JenaWasser betreibt zurzeit 804 km Freispiegelkanäle. Davon sind 420 km seit 1990 durch Neubau oder Erneuerung entstanden, so dass das mittlere Alter der Kanäle rund 42 Jahre beträgt. Nur etwa 15 % der Kanalisation muss derzeit in der kurz- und mittelfristigen Sanierungsplanung bearbeitet werden. Wir gehen bei den derzeitigen Baumaterialien und bei güteschutzbetreuter Bauqualität von einer technischen Nutzungsdauer von ca. 100 Jahren aus.

Welches sind die wesentlichen Herausforderungen, die beim Betrieb von Abwassernetzen – auch speziell in Jena – zu bewältigen sind?
Waschina: Der Zustand des gesamten Kanalnetzes wurde in einer Datenbank erfasst. Die Befahrungen mit der TV-Technik erfolgen in Eigenregie durch zertifizierte Fachkräfte im Zyklus der Thüringer Eigenkontrollverordnung (ThürAbwEKVO). Die planmäßige Reinigung erfolgt mit modernsten Hochdruckspülfahrzeugen. Derzeit wird das neue Kanalmanagementsystem dahingehend ausgebaut, dass zunächst anhand der Daten aus der Datenbank eine Hochrechnung für Kanalsanierungskosten kurz-, mittel- und langfristig über eine Software erfolgt.

Danach geht es in die zustandsabhängige Detailplanung, wobei auch Alterungsprognose- szenarien betrachtet werden. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass Erneuerung und Neubau in der geplanten Qualität und der damit verbundenen Nutzungsdauer erfolgen. Die Stadtwerke Jena Netze sichert uns dies durch die Mitgliedschaft im Güteschutz Kanal­bau und seine Fachkräfte ab, die gerade über diese Organisation laufend als Vertreter des Bauherrn weitergebildet werden.

Zukünftig rückt die Sanierungsplanung in den Mittelpunkt. JenaWasser besitzt eine komplexe Generalentwässerungsplanung mit Schmutzfrachtberechnung, Zustandsbetrachtung, Hydraulischer Betrachtung, einer Betrachtung zur Schwefelwasserstoffkorrosion und zur Starkregenvorsorge für die Stadt Jena, als auch alle größeren Gemeinden im Verbandsgebiet. Die Planungen werden zyklisch entsprechend evtl. neuer Entwicklungen oder gesetzlicher Vorgaben überarbeitet. Neue Herausforderungen stellen auch die geplanten Verschärfungen zur Regenwasserbehandlung dar.

Herr Schmidt, was ist für Sie als Geschäftsführer der Organisationseinheit Netze wichtig, um eine effiziente Zusammenarbeit mit den Baupartnern sicherzustellen?
Gunar Schmidt: Für mich kommt es hierbei besonders auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit an. Der Markt ist angespannt genug, wir wickeln gemeinsam viele Aufträge ab und hier ist es wichtig, dass wir die von uns geforderte Qualität erreichen. Ich besuche einmal im Jahr ausgewählte Unternehmen in unserer Region und führe persönliche Gespräche. Darüber hinaus versuchen auch wir als Unternehmen – getreu dem Motto, was Du von anderen verlangst, das musst Du auch selber erfüllen – wichtige Qualifizierungen aufzubauen und dies auch zu dokumentieren. So führen wir neben weiteren Zertifikaten zum Beispiel seit 2019 ein Gütezeichen der Beurteilungsgruppe AK 3.

Werden Ihre Ansprüche an die Qualität von den beteiligten Baupartnern unterstützt?
Schmidt: Ja, absolut. Wir nutzen u.a. das Thüga-Leistungsverzeichnis für nicht öffentliche Ausschreibungsverfahren, in dem ein Präqualifikationsverfahren vorgeschrieben ist. Vor diesem Hintergrund ist es uns sehr wichtig, dass Unternehmen, die wir beauftragen, entsprechende Qualifikationsnachweise vorlegen können und auch über entsprechende Referenzen verfügen.

Haben Sie den Eindruck, dass Qualifikationsnachweise wie ein Gütezeichen Kanalbau dabei helfen, die Qualität der Ausführung sicherzustellen?
Schmidt: Das ist absolut zielführend. Man braucht Kriterien, an denen man den Qualitätsanspruch fest machen kann und in dieser Hinsicht stellt die Gütegemeinschaft Kanalbau mit dem Gütezeichen RAL-GZ 961 geeignetes Werkzeug zur Verfügung. Erfüllt ein Unter­nehmen die gestellten Anforderungen der jeweiligen Beurteilungsgruppen, ist das für uns ein gutes Indiz, dass wir fachlich gute Arbeit einkaufen. Unternehmen mit Gütezeichen – so unsere Erfahrung – arbeiten nicht nur bei einer Maßnahme zufriedenstellend, sondern durchaus über einen längeren Zeitraum. Von daher vertrauen wir darauf, langfristig Qualität zu bekommen.

Welche konkrete Unterstützung bietet Ihnen das Angebot der Gütegemeinschaft Kanalbau bei Ihrer Arbeit?
Schmidt: Wir greifen auf viele Angebote der Gütegemeinschaft zurück. Schulungen sind hier zu nennen, ebenso wie die Schriften und Regelwerke, die in einer bemerkenswerten Vielfalt und Aktualität zur Verfügung gestellt werden. Unsere Mitarbeiter nutzen diese Angebote auch, um sich in Eigenregie weiterzubilden. Gerade in den letzten Wochen unter dem Einfluss der COVID-19-Pandemie ist die Arbeit für viele digitaler geworden. Die Berührungsängste mit dieser Form des Arbeitens sind verloren gegangen. Das wird sich auf die Nutzung der Angebote der Gütegemeinschaft auswirken, etwa auf den Bereich AKADEMIE.

Welchen Einfluss haben die Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie auf die Arbeit Ihres Unternehmens?
Schmidt: Wir haben einen Pandemieplan in mehreren Stufen zur Anwendung gebracht, der die Zusammenarbeit der Mitarbeiter und die Kundenkontakte regelt. Viele arbeiten nun von zu Hause aus. Die Voraussetzungen für mobiles Arbeiten waren in unserem Unter­nehmen bereits vorhanden, insbesondere was die technische Ausstattung angeht. Allerdings haben wir viel gelernt, was die Arbeit mit digitalen Medien angeht – ein Lerneffekt, den wir in so kurzer Zeit normal nicht gehabt hätten.

In welchem Umfang sind Baustellenabläufe von den Einschränkungen betroffen?
Schmidt: Unsere Bautätigkeiten sind in der Regel normal weitergelaufen. Das erwarten wir auch für die nächsten Monate. Anfangs gab es Unsicherheiten, ob Baustellen eingestellt werden sollen. Nach reiflicher Überlegung – hier konnte ich auch meine Erfahrungen als Leiter des Krisenmanagements einbringen – haben wir uns entschieden, planvoll und unter Berücksichtigung der momentan geltenden Anforderungen und Bestimmungen weiter zu arbeiten. Wir haben für jede Baustelle Hygienekonzepte entwickelt und die Mitarbeiter entsprechend geschult und belehrt.

Wird in Jena die für die Durchführung von Kanalbaumaßnahmen günstige Situation genutzt, dass sich der Straßenverkehr in diesen Tagen spürbar reduziert hat?
Schmidt: Wir hatten in den letzten Wochen absolut keine Staulagen und wenig Verkehr. Das haben wir selbstverständlich ausgenutzt, allerdings nicht nur für Kanalbaustellen.

Wenn Sie einen Blick in die Zukunft wagen, wie werden die Arbeit und die Aufgabenbereiche Ihrer Organisation in 10 oder 20 Jahren aussehen?
Schmidt: Das ist eine sehr spannende Frage. Besonders die digitalen Prozesse, die wir angestoßen haben, werden die Zusammenarbeit unter den Baupartner stark verändern. Meine Hoffnung ist aber auch, dass sich die Wertschätzung des Themas Infrastruktur verbessert. Nach wie vor gilt, dass alles, was sich unter der Erdoberfläche befindet, nicht so im Fokus steht, wie etwa eine marode Autobahnbrücke. Hier muss man weiter Lobbyarbeit leisten und aus der Branche heraus für Impulse sorgen. Hier können insbesondere Branchenverbände einen großen Beitrag leisten. In diesem Sinne ist es gut, dass es Organisationen wie die Gütegemeinschaft Kanalbau gibt.

Herr Schmidt, Herr Waschina, vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Informationen unter:
www.kanalbau.com
KD2003095
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