Der Zuzug von Flüchtlingen stellt die zuständigen Behörden von Bund, Ländern und Kommunen weiterhin vor große logistische und sicherheitspolitische Herausforderungen. Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte sowie zunehmende Auseinandersetzungen in den Einrichtungen haben zu einem fast flächendeckenden Einsatz von privaten Sicherheitsdiensten geführt. Derzeit sind bundesweit über 10.000 private Sicherheitskräfte im Einsatz – Tendenz weiter steigend.

Im Zusammenhang mit der „Flüchtlingskrise“ werden wir in den Medien immer wieder mit „Schwarzen Schafen der Sicherheitsbranche“ konfrontiert – seien es Übergriffe auf Flüchtlinge, Prügeleien, in die Sicherheitskräfte involviert sind oder gewalttätige Auseinandersetzungen in Gruppen. Diese Ereignisse machen deutlich, dass eine sorgfältige Auswahl der Sicherheitsdienste notwendig ist. Diese wird immer wichtiger, weil es immer schwerer wird, überhaupt noch geeignetes Sicherheitspersonal zu finden. Trotz häufiger Zeitnot und Kostendrucks darf die Qualität nicht vernachlässigt werden. Die Verantwortung des Auftraggebers kann, wenn etwas passiert, nicht uneingeschränkt auf den privaten Sicherheitsdienstleister abgewälzt werden.

Eine Umfrage unter unseren Mitgliedsunternehmen hat ergeben, dass 42 Prozent der Sicherheitsaufträge von den Kommunen vergeben werden. Länder oder nachgelagerte Behörden erteilen 32 Prozent der Aufträge, 5 Prozent private Generalunternehmer und sonstige (gemeinnützige) Einrichtungen 11 Prozent. Alle Auftraggeber sind bei der Vergabe von Sicherheitsdienstleistungen in diesem besonders sensiblen und konfliktträchtigen Bereich gefordert. Leider hat die Umfrage ergeben, dass 60 Prozent der Aufträge ausschließlich nach dem Preis vergeben werden.

Damit gehen die Auftraggeber ein großes Risiko ein. Im Oktober 2014, wenige Tage nach den skandalösen Übergriffen in einer Flüchtlingsunterkunft im nordrhein-westfälischen Burbach, haben wir ein „12-Punkte-Programm“ zur Verbesserung der Sicherheitsstandards in Flüchtlingsunterkünften vorgelegt. Darin haben wir u.a. eine Trennung der Ausschreibung von Liegenschaft und Sicherheitsaufgabe, eine umfassende Zuverlässigkeitsprüfung sowie eine aufgabenangepasste Ausbildung der eingesetzten Mitarbeiter gefordert.

Qualitätskriterien sind bei der Ausschreibung zwingend zu gewichten und die Entlohnung der Sicherheitskräfte muss deutlich oberhalb des Mindestlohnes liegen. Uns ist die finanzielle Situation vieler Kommunen bewusst. Die negativen Beispiele – wie in Berlin oder zuletzt in Villingen-Schwenningen – bestimmen die Berichterstattung. Sie beschädigen nachhaltig unser Image, führen aber zu Recht auch zu kritischen Nachfragen bei den Auftraggebern.

Es geht auch anders. Der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Johann Saathoff (SPD) hat in der Sitzung des Deutschen Bundestags am 17.12.2015 über einen Besuch in der Flüchtlingsunterkunft Emden-Barenburg berichtet. Mehrere Sicherheitskräfte hätten rund um die Uhr für Sicherheit gesorgt. Die Ruhe, die Empathie und die Professionalität der Mitarbeiter hätte ihn besonders beeindruckt. „Es ist also nicht alles schlecht im Sicherheitsdienst“, so der Bundestagsabgeordnete abschließend. Wir wissen, dass die überwiegende Zahl der Unternehmen mit ihren Beschäftigten tagtäglich eine gute Dienstleistung erbringen. Diese fordern wir flächen­deckend ein. Deshalb ist der Gesetzgeber gefordert.

Das im November veröffentlichte Eckpunktepapier des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht“ zur Überarbeitung des Bewachungsrechts enthält viele gute Vorschläge. Diese reichen jedoch bei weitem nicht aus. Wir fordern eine spezialgesetzliche Regelung zum Schutz von Flüchtlingsunterkünften. Nur dadurch können Vorgaben an Ausbildung, Entlohnung, Überprüfung der Beschäftigten sowie die Leistungsfähigkeit und Seriosität ihrer Sicherheitsunternehmen gemacht und kontrolliert werden. Mit einer unqualifizierten „Billigstvergabe“ werden wir die zunehmenden Sicherheitsprobleme in und um die Flüchtlingsunterkünfte in den Kommunen nicht lösen!

Ihr Gregor Lehnert
Präsident des BDSW

Weitere Informationen unter:
www.bdsw.de
KD1602011
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