Warum die Wahl des Bezahlverfahrens eine strategische Entscheidung ist
Ob Parkgebühr, Hundesteuer oder Eheschließung: Immer mehr kommunale Dienstleistungen werden digital bezahlt. Während die Technik funktioniert, stellen sich Fragen mit weitreichenden Konsequenzen: Wem fließen die Transaktionsgebühren zu? Wo landen sensible Zahlungsdaten? Und wie abhängig machen sich Kommunen von globalen Konzernen?
Der Arbeitsalltag in deutschen Kommunen wird zunehmend digitaler. Das betrifft auch das Bezahlen: Die Kartenzahlung hat sich zum Standard entwickelt – nicht nur im Einzelhandel, sondern auch in Bürgerämtern, Bibliotheken und an Parkautomaten. Nahezu alle Städte und Gemeinden bieten heute bargeldlose Bezahlverfahren an.[1] Im Zuge der digitalen Transformation gilt es, Aspekte zu berücksichtigen, die über den Servicegedanken hinausgehen.
Zahlungssysteme als strategische Weichenstellung
Das Angebot verschiedener Zahlungsmöglichkeiten beeinflusst weit mehr als nur die Kundenzufriedenheit. Drei Aspekte verdienen besondere Aufmerksamkeit:
- Strategische Unabhängigkeit: Die Entscheidung für bestimmte Zahlungsanbieter schafft langfristige Abhängigkeiten. Wer heute eine Infrastruktur optimiert, von Kassensystemen im Bürgerservice bis zu Payment-Schnittstellen in der Verwaltungssoftware, legt fest, wie flexibel und eigenständig die Kommune morgen agieren kann.
- Datenhoheit: Zahlungsdaten sind sensibel. Je nach gewähltem System werden Informationen über kommunale Transaktionen in unterschiedlichen Rechtsräumen gespeichert und verarbeitet. Die Frage, ob diese Daten europäischen Datenschutzstandards unterliegen oder in außereuropäische Rechenzentren fließen, ist keine rein technische, sondern eine politische.
- Kosten: Die Wahl des Zahlungssystems bestimmt, welche Transaktionskosten anfallen – und angesichts angespannter kommunaler Haushalte gewinnt dieser Aspekt an Bedeutung. Während das deutsche girocard-System mit vergleichsweise geringen Entgelten zu Buche schlägt, verursachen internationale Debit- und Kreditkarten deutlich höhere Kosten.
Europäische Zahlungssysteme als Fundament digitaler Souveränität
Im Unterschied zu vielen europäischen Nachbarländern verfügt Deutschland über ein eigenes, etabliertes Zahlungssystem: die girocard. Mit der neuen Echtzeit-Zahlungsplattform wero entsteht eine weitere unabhängige, europäische Alternative zu internationalen Anbietern. Diese nationalen und europäischen Systeme bieten transparente Führungsstrukturen, unterliegen dem Datenschutzrecht der Europäischen Union und tragen zur heimischen Wertschöpfung bei. Ingo Limburg, Vorstandsvorsitzender der Initiative Deutsche Zahlungssysteme, sieht darin eine Chance: „Bei Ausschreibungen und Vertragsverhandlungen haben Kommunen die Möglichkeit, sich bewusst für ein europäisches Bezahlsystem zu entscheiden. Gerade in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten zeigt sich, wie wichtig es ist, sich von außereuropäischen Anbietern unabhängig zu machen. Die girocard ist damit weit mehr als ein Bezahlmittel – sie ist ein wirtschaftlich relevantes Infrastrukturangebot, das allen Beteiligten im System einen echten Mehrwert bringt.“
Souveränität beginnt bei der Infrastruktur
Digitale Souveränität ist keine abstrakte Zielgröße, sondern eine konkrete Gestaltungsaufgabe. Kommunen sollten bei der Auswahl von Bezahlsystemen neben Funktionalität und Nutzerfreundlichkeit auch strategische Kriterien berücksichtigen: Wo werden Daten verarbeitet? Welche Abhängigkeiten entstehen? Welche Wertschöpfung bleibt in der Region? Eigenständige Systeme wie die girocard bieten eine bewährte Grundlage mit breiter Akzeptanz, europäischem Datenschutz und stabiler Infrastruktur. Wer heute bewusst auf souveräne Bezahllösungen setzt, schafft die Voraussetzung für digitale Selbstbestimmung – und sichert kommunalen Handlungsspielraum für die kommenden Jahre.
Über die Initiative Deutsche Zahlungssysteme e.V. (IDZ)
Der Verband mit Sitz in Berlin versteht sich als Netzwerk für Unternehmen und Institutionen, die die bargeldlosen Bezahlverfahren der Deutschen Kreditwirtschaft akzeptieren oder die hierfür notwendige Infrastruktur bereitstellen. Er bündelt die Interessen seiner Mitglieder und vertritt sie gegenüber Politik, Wirtschaft und Medien.
Weitere Informationen online unter www.initiative-deutsche-zahlungssysteme.de
[1] Online-Umfrage unter Kommunen von infas quo im Auftrag der IDZ in Kooperation mit dem DStGB (Januar/Februar 2021, 436 Personen)



