Steigende System-­Anforderungen, komplexe Prozesse und Strukturen innerhalb von Managementsystemen und vielseitige Kundenanforderungen – das Qualitätsmanagement (QM) wird zunehmend anspruchsvoller und komplexer. Besonders für Hersteller und deren Zulieferer ist ein funktionierendes QM-­System unabdingbar. Dennoch werden branchen-­ und kundenspezifische Risiken viel zu wenig in das System mit einbezogen. Manuel Cordas dos Santos, Experte für Qualitäts-­ und Risikomanagement, und Silke Liehr, QM-­Expertin der TÜV NORD Akademie, erläutern die aktuelle Situation und welche Möglichkeiten Unternehmen haben.

Sowohl die Qualitätssicherung als auch das Qualitätsmanagement sind zu einem zentralen Punkt auf der Agenda des Top-­Managements geworden“, so Liehr. „Hoher Wettbewerbsdruck, eine gestiegene Anzahl von Softwarekomponenten, komplexere Wertschöpfungsketten, verkürzte Einführungszeiten von Produkten – Unternehmen stehen immer mehr Herausforderungen im Qualitätsmanagement gegenüber.“

Prozesse und Risiken neu auditiert

Um all diesen Komponenten gerecht zu werden und gleichzeitig alle erforderlichen Qualitätsstandards zu gewährleisten, ist es notwendig, sowohl das Qualitätsmanagement-­System (QM-­System) als auch

die Risiken eines Unternehmens zu berücksichtigen. Zu den möglichen Risiken gehören unter anderem eine fehlende Steuerung und fehlendes Monitoring von Lieferantenrisiken. Speziell im Bereich der Fertigungstechnik zählen dazu auch vakante Ressourcen für die Wartung und Instandsetzung, nicht-­robuste Prozesse oder aber eine mangelhafte Analyse und Bewertung kundenspezifischer Forderungen. Genau hier setzt das risiko-­ und prozessorientierte Auditsystem (RPAS) an. Damit lassen sich die verschiedenen Risiken, denen ein Unternehmen ausgesetzt ist, im Kontext zum QM-­System analysieren.

Bei herkömmlichen Systemaudits spricht man von Haupt-­ und Nebenabweichungen oder sogenannten Erfüllungsgraden. Mit der RPAS-­Methodik werden darüber hinaus auch die spezifischen Risiken eines Unternehmens sowie die branchen-­ und kundenspezifischen Prozesse und Risiken innerhalb eines Audits berücksichtigt“, erläutert Liehr. Das bringt einige Vorteile mit sich: Operative Risiken im QM können direkt identifiziert, das QM selbst zielgerichtet verbessert und damit letztendlich sowohl die Kundenzufriedenheit wie auch der Unternehmenserfolg gesteigert werden.

Zusätzlich zu diesen betriebswirtschaftlichen Aspekten lohnt sich ein solches Risikoidentifizierungs, – bewertungs-­ und -­reduzierungssystem aber auch im Hinblick auf interne Qualitätskriterien. Eine frühzeitige Analyse mit der RPAS-­Methode ist es möglich, potenzielle Risiken und Chancen innerhalb des Unternehmens schneller zu erkennen. Die meisten Unternehmen agieren entsprechend einer definierten Philosophie und Strategie, die das Management als gewinnbringend einstuft. Ein Aspekt, der ebenfalls die diversen Risikofaktoren beeinflusst. Klassische System-­ und Prozessaudits berücksichtigen jedoch oftmals nicht, inwieweit die gewählte Strategie auch tatsächlich zum Erfolg führt und durch die Prozesse des QMs unterstützt wird. Eine wertanalytische und risikoorientierte Betrachtung der installierten Systeme und Prozesse fehlt gänzlich. Ein RPAS schließt all diese Aspekte mit ein. „In zuvor definierten Risikokategorien wird das Ergebnis der ganzheitlichen Analyse zusammengefasst und übersichtlich dargestellt, beispielsweise in Form einer grafisch aufbereiteten Risk Map. So erhält der Nutzer oder die Nutzerin einen schnellen und umfassenden Überblick, wo Optimierungspotenziale liegen und wie Ressourcen entsprechend effizienter eingesetzt werden können“, so Santos.

Fokus auf kundenspezifische Anforderungen

Besonders prozess-­ und systemspezifischen Anforderungen werden zahlreiche Unternehmen nicht gerecht. Denn: Hier geht es nicht um Entwicklungsthemen, sondern um Managementfragen und vertragliche Vereinbarungen. So sind Unternehmen beispielsweise nicht nur für die interne Einhaltung der einzelnen Normen verantwortlich, sondern auch für die Durchführung und Qualifizierung auf Lieferantenseite. Zusätzlich gibt es durch die an die IATF 16949 angelehnten „Customer Specific

Requirements“ (CSR) zusätzliche Mehranforderungen an Unternehmen, die in die internen Prozesse implementiert werden müssen. In vielen – vor allem kleineren – Zulieferbetrieben hat die Firmenleitung andere Prioritäten, als kundenspezifische Forderungen im Qualitätsmanagement-­ System umzusetzen. Ursache ist dabei meist, dass die notwendigen Informationen und relevanten Risiken dem Management nicht verständlich dargestellt werden. „Nach unserer Erfahrung liegt hier das größte Problempotenzial“, ergänzt Santos. Um diese Risiken aufzudecken, gibt es innerhalb des RPAS die sogenannte CSR-­Systematik, mit der kundenspezifische Forderungen analysiert und den Prozessen zugeordnet werden.“ Entwickelt wurde das Prozedere von Santos selbst: „Wir sind weltweit das einzige Unternehmen, das diese praxisnahe und erprobte Lösung bietet. Bislang konnten wir das Audit bereits 150 Mal durchführen.“ Das Wissen, das er dabei sammeln konnte, gibt

Santos nun in den Schulungen der TÜV NORD Akademie zu diesem Thema weiter. In zwei aufeinander aufbauenden und von Santos konzipierten Seminaren lernen Interessierte die RPAS-­ Methode selbst anzuwenden.

Hier erfahren sie mehr über die Erfahrungen mit der RPAS-Methode: http://www.tuev-nord.de/wissen
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