Bei der Suche nach Energieträgern für alternative Antriebe, nach Ersatz für fossile Brennstoffe und Speichermöglichkeiten für erneuerbare Energien gilt grüner Wasserstoff als großer Hoffnungsträger. Erhebliche Anstrengungen werden aktuell in Europa unternommen, damit aus dieser Hoffnung Realität wird: Neben der erforderlichen Infrastruktur für eine reibungslose Versorgung müssen ausreichende, großtechnische Produktionsanlagen und entsprechend umgerüstete Industrieanlagen geschaffen werden. Die dabei eingesetzten Systeme erfordern wasserstoffresistente Eigenschaften aller Komponenten. Edelstahl Rostfrei in anwendungsspezifisch ausgelegter Güte ist für Wasserstoff Werkstoff der Wahl.

Wasserstoff ist 14-mal leichter als Luft, ungiftig, farb- und geruchlos, entzündet sich nicht selbst und verbrennt mit farbloser Flamme rückstandslos. Bis -253 Grad Celsius ist er gasförmig, danach verflüssigt er sich. Mit mehr als 90 Prozent aller Atome ist Wasserstoff auch das häufigste Element im Universum. Auf der Erde kommt das sehr reaktionsfähige Gas jedoch nur in gebundener Form vor, beispielsweise in Wasser mit Sauerstoff oder in Methan mit Kohlenstoff. Weltweit werden 30 Millionen Tonnen grauer Wasserstoff auf Basis fossiler Energieträger wie Erdgas, Kohle oder Erdöl meistens per Dampfreformierung produziert.

Je erzeugter Tonne entstehen dabei zehn Tonnen Kohlendioxid (CO2). Einsatz findet Wasserstoff als wichtiger Rohstoff für die Chemie- und Petrochemie sowie als Brennstoff für die Öfen der Glas-, Keramik, Stahl- und Zementindustrie. Mehr als die Hälfte der heutigen Wasserstoffproduktion wird zu Ammoniak für die Herstellung von Düngemitteln verarbeitet. Raffinerien nutzen ihn zum Aufspalten und Entschwefeln von Erdölprodukten.

Vielfältiges Potenzial

Entsprechend große Erwartungen sind mit grünem Wasserstoff verknüpft, dessen Bedarf in den nächsten Jahren rasant steigen wird. Er wird klimaneutral aus 100 Prozent erneuerbaren Energien erzeugt – auch aus bislang nicht speicherbaren Energieüberschüssen von Wind- und Solarkraftwerken. Als Ausgangsstoff für Power-to-X-Prozesse soll grüner Wasserstoff durch die Umwandlung von Strom den grauen Wasserstoff in bisherigen Anwendungsfeldern ersetzen. Dafür spricht auch, dass er, gemessen an seinem Volumen, sehr große Mengen an Energie speichern und transportieren kann. Der emissionsfreie gasförmige oder flüssige Brennstoff soll anstelle von Erdöl und -gas Gebäudeheizungen und Industrieöfen befeuern.

Auch für die großtechnische Herstellung von Grundchemikalien wie grünem Ammoniak oder grünem Methanol soll er eingesetzt werden. In Brennstoffzellen wird grüner Wasserstoff wieder in elektrischen Strom umgewandelt, ein Verfahren, das beispielsweise als Antrieb von Elektromotoren für Lkw und Busse kurz vor der Serienreife steht. Fahrzeuge mit Wasserstoffverbrennungsmotoren nutzen die Umwandlung seiner chemischen in mechanische Energie direkt als Antriebsenergie. Schifffahrt sowie Luft- und Raumfahrt setzen ebenfalls große Hoffnungen auf den umweltverträglichen Energieträger. Mit der noch zu schaffenden Infrastruktur soll er künftig klimaneutral erzeugte Energie überall nutzbarmachen.

Große Herausforderungen

Gängigstes Herstellungsverfahren für klimaneutralen Wasserstoff ist die Elektrolyse. Alternativ wird er durch Vergasung und Vergärung von Biomasse oder Reformierung von Biogas produziert. Die Alkalische Elektrolyse (AEL) verwendet Kalilauge als Elektrolyt und eine poröse Membran (Diaphragma), die Anode und Kathode voneinander trennt. Bei der Proton-Exchange- Membrane-(PEM-)Elektrolyse dient eine elektrisch leitfähige Membran als Ionendurchlässige Trennschicht und ersetzt somit das Bad. Für die Erzeugung der künftig von Industrie und Verkehr benötigten Menge an Wasserstoff muss nicht nur die Elektrolysekapazität exponentiell vergrößert werden, sondern auch die Bereitstellung der dafür erforderlichen erneuerbaren Energie.

Forschung und Industrie arbeiten deshalb mit Hochdruck daran, eine ausreichende Wasserstoff-Infrastruktur zu schaffen und die Effizienz bestehender Systeme zu verbessern. Eine Vielzahl an Projekten ist derzeit in der Planung oder bereits im Prototypenstadium, um in den nächsten Jahren zur benötigten gigantischen Gesamterzeugungsleistung beizutragen. Zur Steigerung des Wirkungsgrads der Elektrolyse- Prozesse gilt den eingesetzten Materialien sowie dem Design von Katalysatoren und Bipolarplatten besonderes Augenmerk.

Die spezifischen Eigenschaften von Wasserstoff stellen an die für Elektrolyseure, Fluidsysteme, Tanks, Anlagen und Armaturen eingesetzten Werkstoffe und deren Verarbeitung höchste Anforderungen. So erfordert die hohe Diffusionsfähigkeit des Gases eine zuverlässige Gasdichte aller Komponenten, um Verluste sowie Explosions- oder Brandgefahr durch austretenden Wasserstoff zu vermeiden. Bei vielen Metallen können Wasserstoffatome den Werkstoff durchdringen (Permeation) und dadurch seine mechanischen Eigenschaften erheblich beeinträchtigen: Bereits bei einer Wasserstoffkonzentration von wenigen ppm entsteht dadurch Korrosion mit der Folge einer vorzeitigen Materialermüdung (Degradation).

Sie führt zu Rissbildung und Sprödbruch und bedeutet deshalb ein unvertretbares Sicherheitsrisiko. Komponenten aus anwendungsbezogen ausgelegtem Edelstahl Rostfrei hingegen widerstehen durch ihre Gefügestruktur sowohl Permeation als auch Degradation dauerhaft. So verhindern sie schleichenden Gasaustritt und schützen die Bauteile durch gleichbleibend hohe Festigkeit, Duktilität und Homogenität vor Versprödung.

Standardmäßig kommen für Komponenten, die mit Wasserstoff in Berührung kommen, die nichtrostenden austenitischen Edelstähle der Güte 1.4435, 1.4404 und 1.4307 zum Einsatz. Für besonders kritische Anwendungen mit extremen Korrosionsanforderungen sind die Güten 1.4439, 1.4462 (Duplex) und 1.4410 (Superduplex) bewährt.

Produktion und Nutzung

Gehäusekomponenten für Elektrolyseure werden ebenso wie Rohrbündel-Wärmetauscher, die zur Herunterkühlung von Wasserstoff von 60 auf 5 Grad eingesetzt werden, aus Edelstahl in den Standardgüten gefertigt. Hocheffiziente Plattenwärmetauscher für die Produktion von Wasserstoff mittels PEM- oder AEL-Verfahren oder Aufgaben mit sehr hohen Reinheitsanforderungen bestehen komplett aus hochlegierten
nichtrostenden Stählen. Dank ihrer besonderen Korrosionsbeständigkeit widerstehen diese sogar extremen Druckunterschieden und Temperaturen.

Weitere Informationen unter:
www.wzv-rostfrei.de
KD2203057
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