Open-Source-Lösung beendet Abhängigkeit von US-Tech-Riesen
Von Tillmann Braun
Wie wichtig digitale Souveränität ist, hat sich im letzten Jahr deutlich gezeigt. Um nicht von US-Unternehmen und anderen Tech-Riesen abhängig zu sein, setzen Unternehmen wie auch Behörden nun verstärkt auf europäische Lösungen – und Open Source. Die Stadt München nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein – und hat nun einen wegweisenden Kooperationsvertrag unterschrieben.
Die Digitalisierung von Unternehmen und Behörden hat durch die Corona-Pandemie einen großen Schub erhalten. Allerdings waren viele Verantwortliche nicht auf ein derartiges Szenario vorbereitet. Aus der Not geboren wurden vielerorts Notlösungen kreiert, die nicht selten Dienste von US-Unternehmen wie Microsoft Teams oder Zoom umfassten. Seitdem der Europäische Gerichtshof das Privacy-Shield-Abkommen mit den USA im letzten Jahr für nichtig erklärte, dürfen die Dienste jedoch nicht länger in Deutschland eingesetzt werden. Der Grund dafür sind US-Gesetze, die den dortigen Geheimdiensten und Ermittlungsbehörden weitreichende Zugriffsrechte auf personenbezogene Daten einräumen. Somit entsprechen die Dienste von Microsoft & Co selbst dann nicht den strengen deutschen Datenschutzgesetzen, wenn die Daten in europäischen Rechenzentren gespeichert sind.
Landeshauptstadt investiert in kommunale Digitalisierung – und setzt auf europäische Lösung
Aber auch aus anderen Gründen macht es für Behörden und Unternehmen Sinn, sich nicht von den Konzernen aus dem Silicon Valley abhängig zu machen. Auf dem Weg hin zu einer digitalen Souveränität hat die Stadt München gemeinsam mit Dataport sowie der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) einem Kooperationsvertrag unterschrieben, der die Zusammenarbeit zwischen den beiden Anstalten des öffentlichen Rechts und der bayrischen Landeshauptstadt fixiert. Das erklärte Ziel ist digitale Souveränität – sowohl für die Verwaltung als auch für öffentliche Institutionen und die Bürgerinnen und Bürger. Die Landeshauptstadt München wird sich damit noch stärker im Open-Source-Umfeld engagieren und in die kommunale Digitalisierung investieren. Um dies zu erreichen, wird man künftig eng mit der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern und dem Informations- und Kommunikations-Dienstleister Dataport, der bereits die öffentliche Verwaltung in Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen und Sachsen-Anhalt unterstützt, zusammenarbeiten.
Ein wichtiger Aspekt ist dabei der Arbeitsplatz der Zukunft, wie er im Projekt Phoenix bereits getestet wurde. Auf Basis von Open Source wird dieser von den Kooperationspartnern nun entwickelt und dann sowohl mit marktüblichen Angeboten kompatibel als auch für das mobile sowie das Arbeiten im Homeoffice optimiert sein.
„Die Zusammenarbeit erfolgt vor dem Hintergrund, dass auf die öffentliche Hand zunehmend große IT-Herausforderungen zukommen und die finanziellen Möglichkeiten einzelner Protagonisten demgegenüber oft nicht ausreichend sind“, heißt es seitens der Stadt München. „Hinzu kommt der Fachkräftemangel im Bereich der IT, der innovativer und fundamentaler Lösungsansätze bedarf, um auch zukünftig den Anforderungen gerecht werden zu können.“ Über die bisherige Zusammenarbeit hinaus sollen dabei auch weitere innovative Gestaltungsmöglichkeiten für die kommunale Digitalisierung erarbeitet werden.
Oberbürgermeister freut sich auf Zusammenarbeit mit innovativen Partnern
„München zeigt wieder einmal, dass es innovative Wege geht, um die Digitalisierung zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger voranzutreiben“, kommentiert Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter die neue Partnerschaft. „Mit Dataport gewinnt München einen weiteren innovativen Partner, der ähnliche Ziele verfolgt und bereits viele Grundlagen geschaffen hat, auf die man setzen kann. Und dass mit der AKDB auch der Freistaat zentraler Teil der Kooperation sein wird, begrüße ich sehr“, betont Dieter Reiter. „Eine solche Kooperation von Anstalten des öffentlichen Rechts und Kommunen ist bisher einzigartig in Deutschland.“
Die Ergebnisse der Kooperation sollen im Sinne des „Einer für alle“-Ansatzes auch Dritten aus dem öffentlichen Sektor zur Verfügung gestellt werden. Dadurch soll ein möglichst effektiver Einsatz aller Aufwendungen und Ressourcen im öffentlichen Sektor sichergestellt werden.
OB Dieter Reiter (Bild oben) und Götz Wohlberg von Open-xchange (Bild unten)
Keine Grenzen bei der Skalierbarkeit und guter hiesiger Service
„Auf europäische Lösungen zu setzen, macht für deutsche Behörden und Unternehmen nicht nur aus Datenschutzrechtlichen Aspekten Sinn“, erklärt Götz Wohlberg von Open-Xchange. „Bei Open Source gibt es keine Grenzen bei der Skalierbarkeit und einen guten hiesigen Service. Gibt es mal ein Problem, wird dieses bei Open-Source-Software schnell gefunden und gelöst, weil viele Augen darauf schauen können“, so Wohlberg. „Das ist bei proprietärer Software nicht möglich. Da können nur die darauf schauen, die es entwickelt haben – und so bleiben die Probleme nicht selten für immer bestehen“, weiß der Experte.
In München wird man sich mit diesen und ähnlichen Problemen zukünftig nicht mehr herumärgern müssen. Die digitale Souveränität machts möglich.
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München: (https://pixabay.com/de/photos/m%c3%bcnchen-frauenkirche-bayern-1480740/)
OB Dieter Reiter: (Foto M. Nagy, Presseamt Stadt München)
Götz Wohlberg: (Open-xchange)