Im Herzen des Wällerlandes im Westerwald liegt der Wiesensee. Mit seinen vielfältigen Sport- und Erholungsmöglichkeiten ist er weit über die Region hinaus bekannt. Ob zu Wasser beim Schwimmen, Segeln oder Surfen – oder an Land beim Wandern, Radfahren oder Golfen: Rund um das rund 86 Hektar große Gewässer, das als Regenrückhaltebecken angelegt wurde, bieten sich seit den 70er Jahren zahlreiche Freizeitmöglichkeiten für jedermann.
Seit Anfang 2023 haben die Wassersportler jedoch das Nachsehen, denn das Gewässer wurde zu Sanierungszwecken abgefischt und komplett abgelassen. Untersuchungen der zuständigen Wasserbehörde hatten ergeben, dass die Standsicherheit des Dammes gefährdet war und das Mönchbauwerk, das den Abfluss des Sees regelt, erneuert werden musste. Dabei kam ein komplexes Bauwerk aus Betonfertigteilen der Finger- Beton Unternehmensgruppe zum Einsatz.
Der alte Mönch aus den 70er Jahren war baufällig und entsprach nicht mehr den heutigen Anforderungen an Betrieb und Arbeitssicherheit. Zudem kam es bereits im Januar 2023 zu einem Zwischenfall, bei dem Unbekannte die Stauklappe manipulierten und so einen unkontrollierten Wasserabfluss verursachten. Aus diesem Grund entschieden sich die Verantwortlichen für einen Neubau des Mönchbauwerks. Die ursprüngliche Planung sah es vor, das Bauwerk, welches der kontrollierten Ableitung und Regulierung des Oberflächenwassers dient, bei eingestautem See zu bauen.
Damit sollte verhindert werden, dass die Schlammmassen, die sich über Jahrzehnte am Grund des Sees abgelagert hatten, beim Ablassen in den Vorfluter gespült werden und so die Fischpopulation und andere Lebewesen gefährden. Im Zuge der Planungen stellte sich jedoch heraus, dass eine Sanierung bei vollem Wasserstand einige Probleme mit sich bringen würde: Zum einen ist der Damm bis ca. 30 m in den See hinein mit Wasserbaupflaster gesichert. Die Wasserhaltung und der Verbau bei Wassertiefen von bis zu 5,00 m am Mönch wären daher äußerst aufwendig und kostenintensiv. Darüber hinaus wurde vom TÜV festgestellt, dass auch die Hochwasserentlastung des Wiesensees ebenfalls ertüchtigt werden müsste.
Somit hätte bei einer Sanierung ohne Entleerung des Sees die Gefahr bestanden, dass die Deiche versagen und unterhalb des Sees liegenden Gemeinden ein Hochwasser droht. Aus diesem Grund hat die zuständige Behörde Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord eine Entleerungsanordnung für den Wiesensee verhängt, die dann von der VG Westerburg umgesetzt wurde.
Wasser wird während der Bauphase umgeleitet
„Für den Neubau des Mönchbauwerks wurde ein provisorischer Damm vor der geplanten Baugrube des Mönchbauwerks angeschüttet und eine Umgehungsleitung hergestellt, die das anfallende Wasser aus den beiden Vorfluterzuläufen des Wiesensees um die Baugrube in die Ablaufleitung des Wiesensees umleitet“, erläutert Amir Hasanagić von der Ingenieurgesellschaft Dr. Siekmann + Partner mbH aus Westerburg.
„So haben wir sichergestellt, dass während der Trockenwetterphase Bautätigkeiten im Bereich der Baugrube möglich sind. Bei kleineren Regenereignissen wurden zwei Pumpen vor dem provisorischen Damm betrieben, um eine Überflutung des Dammes zu verhindern. Leider kam es im Sommer 2024 bei starken Regenfällen immer wieder zu einer zeitweisen Überlastung der Pumpen und der Umgehungsleitung, so dass das Baufeld bewusst geflutet werden musste, was die Bauzeit für diesen Teil der Baumaßnahme leicht verlängerte“, so Hasanagić.
Mönchbauwerk aus Stahlbetonfertigteilen
Speziell für den Wiesensee konstruierten die Ingenieure der Finger-Beton Unternehmensgruppe einen neuen Mönch in dreiteiliger Bauweise. Steven Grimes – Vertriebsleiter für Sonderbauwerke beim Finger Baustoffwerk in Ludwigshafen erläutert die Besonderheiten: „Die Herausforderung bestand für uns in den hohen Anforderungen an die Maßgenauigkeit der einzelnen Elemente. Diese war gefordert, um das Dammbalkensystem anschließend passgenau einbauen zu können.“
Montiert handelt es sich um ein rechteckiges Stahlbetonbauwerk. Die lichten Maße der vorderen Kammer betragen 2,15 m x 1,60 m und die der hinteren Kammer 1,00 m x 1,60 m. Nach oben hin ist das Mönchbauwerk komplett offen. Die lichte Bauwerkshöhe liegt bei 6,7 m. Vor dem Mönch-Zulauf wurde ein 3D-Rechenkorb montiert. Hierdurch soll ein Rückhalteschutz gegen Geschiebe und Treibgut gewährleistet werden. Um auf den 3D-Rechenkorb zu gelangen, erhielt das Mönchbauwerk seitlich einen 1 m breiten Steg mit Geländer. Dieser Steg führt bis an den Rechenkorb heran. Der Abstieg zum Steg erfolgt von der Oberkante des Mönchbauwerks durch eine Tür im Geländer.
Ein gelungenes Beispiel für nachhaltigen Wasserbau
Der Zulauf zum Mönch besteht aus einer Öffnung DN 1000, die über einen außen angebrachten Schieber verschlossen werden kann. An der Trennwand zwischen der vorderen und hinteren Kammer befinden sich im Sohlbereich zwei Öffnungen, die mit Schiebern ausgestattet sind. Der Schieber der Öffnung DN 250 ist motorgesteuert und an eine Wasserspiegelmessung gekoppelt. So können hier die kleineren Abgabemengen, die im Wasserrecht hinterlegt sind, per Fernwirktechnik eingestellt werden.
Die Öffnung 800 x 800 mm ist grundsätzlich mittels Schieber verschlossen und wird nur z.B. beim Ablassen des Sees oder bei der Ableitung größerer, nicht genau definierter Wassermengen von Hand geöffnet. Die vordere Kammer wird durch einen 2-reihigen Dammbalkenverschluss geteilt. Amir Hasanagić erklärt: „Ein Ziehen der Dammbalken soll die Ableitung der Klarwasserphase gewährleisten. Hinter den Dammbalken befindet sich seitlich eine Öffnung DN 300 mit außen liegendem Schieber.
Dieser ist grundsätzlich verschlossen. Wenn der abgelassene See wieder aufgestaut werden soll, können so die Dammbalken auf die gewünschte Höhe eingesetzt werden. Hierfür wird der Aufstau-Schieber und ein Schieber in der Zwischenwand des Bauwerks so weit geöffnet, dass während der Aufstau- Phase immer eine Mindestwassermenge in das Unterwasser abgegeben werden kann. Ohne diesen Schieber wäre ein Seeaufstau, bei Gewährleistung einer ständigen Mindestwasserabgabe, aufwändiger zu gestalten“, so Hasanagić.
In der hinteren Kammer des neuen Mönchbauwerks befindet sich eine seitliche Öffnung DN 400, die in der Regel durch einen außen angebrachten handbetriebenen Schieber verschlossen ist. Hierbei handelt es sich um einen Notablass, der geöffnet werden kann, wenn z.B. Anlagenteile im Mönchbauwerk so defekt sind, dass eine Wasserableitung über die vordere Kammer nicht mehr möglich ist.
Finger-Beton in Planungsphase eingebunden
Amir Hasanagić: „Wir wollten das insgesamt ca. 58 to schwere Bauwerk auf drei Bauteile aufteilen, da es ursprünglich geplant war, die Stahlbetonfertigteile mit einem Schwerlastkran über den Damm in die Baugrube zu heben. Erst später im Bauverlauf zeigte sich, dass es die Baugrundverhältnisse dann doch zuließen, einen Kran nahe des geplanten Bauwerks zu platzieren, was die Abwicklung im Nachhinein deutlich vereinfachte. Um Bauwerksgeometrien, die Unterteilung der Fertigteile und deren spätere Abdichtung abzustimmen, haben wir die Mitarbeiter der Finger-Beton Unternehmensgruppe bereits in der Planungsphase mit ins Boot genommen.
So gelang der Aufbau des Mönchbauwerks am 6. Mai 2024 durch das Bauunternehmen G. Koch GmbH & Co. KG aus Westerburg auch dank der Fertigteilbauweise an nur einem Tag sehr reibungslos“, so Hasanagić.
Im Herbst 2024 war die Sanierung des Mönchbauwerks abgeschlossen – bis Weihnachten wurde der Grund des Wiesensees, der nun eher einer mit Büschen bewachsenen Wiese gleicht, mit Spezialmaschinen gemäht. Nach einer umfassenden Überprüfung der Deiche soll der See dann im Laufe des Jahres 2025 endlich wieder mit Wasser geflutet werden.
www.finger-beton.de