Dollnstein, im September 2017. Während vielerorts in Deutschland über die gescheiterte Energiewende lamentiert wird, nahm eine kleine Gemeinde in Oberbayern sie selbst in die Hand. Seit 2014 besitzt der 3000-Seelen-Ort Dollnstein sein eigenes „kaltes“ Nahwärmenetz. 40 Haushalte und öffentliche Gebäude profitieren von diesem Heizsystem. Zielsetzung war eine zukünftige Reduzierung des Energieaufwands um rund 70% – bei gleichzeitiger CO2-Einsparung von ebenfalls fast 70%.
Das Lösungskonzept war so einfach wie einleuchtend und doch neu: Das „kalte“ Nahwärmenetz in Dollnstein sollte nicht wie herkömmliche Netze mit einer konstanten Vorlauftemperatur von 80 Grad arbeiten, sondern von Mai bis Mitte Oktober auf einem Niveau von 25 bis 30 Grad fahren. Dank dieser niedrigen Vorlauftemperaturen können die oft hohen Energieverluste vermieden werden. Dafür erwärmen nun Solarthermie-Kollektoren auf dem Dach der Dollnsteiner Heiz- und Steuerungszentrale das 10°C kalte Grundwasser aus dem Ufer der Altmühl, bevor es in zwei große Schichtspeicher fließt. Diese sind die Herzstücke der Energiezentrale des Nahwärmenetzes: ein zentraler 27.000 Liter Schichtspeicher mit einer Temperatur von 80 Grad sowie ein 15.000 Liter Niedertemperatur-Speicher mit 30 Grad.
Darüber hinaus sorgt eine 440kW Wärmepumpe für die temperaturtechnische Aufbereitung des Grundwassers auf Heizungsniveau. Komplettiert wird die Heizzentrale durch ein Gas-BHKW mit 250kW thermischer und 150 kW elektrischer Leistung für den Strombetrieb der Grundwasser-Wärmepumpe sowie einen Gas-Spitzenlastkessel mit 300 kW. Hinzu kommen für jeden angeschlossenen Haushalt noch eine „kleine“ Wärmepumpe als Übergabestation zur bedarfsgerechten Erwärmung des Wassers und ein Speicher mit mindestens 300 Liter Fassungsvolumen.
In dieser technischen Konfiguration erreicht das Dollnsteiner Nahwärmenetz seine höchste Effizienzstufe: Nach Berechnungen der involvierten Fachhochschulen wird damit das Netz zwischen Mai und Oktober mit einer solaren Energieabdeckung von ca. 80% betrieben.
Insgesamt 1,7 Millionen Euro investierte die Gemeinde Dollnstein. Die eingebundenen Haushalte, die nur eine einmalige Gebühr zahlen müssen, profitieren schon jetzt, da die Kosten für eine eigene Heizanlage entfallen.
Grundsätzlich zeigt sich das Projekt „Dollnstein“ als Blaupause für andere Kommunen, die ihren Bürgern eine zukunftsorientierte und finanzierbare Wärmeversorgung bieten wollen, die Unabhängigkeit von unkalkulierbaren Energiepreise schafft.
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