Sind unter Bahngleisen Unterführungen anzulegen oder zu erneuern, so verfolgen die Bauherren in der Regel das Ziel, die Sperrzeiten, bei denen der Bahnverkehr zu ruhen hat, so gering wie möglich zu halten. Häufig werden solche Maßnahmen örtlich angelegt. Um entsprechend ausgedehnte Sperrzeiten kommt man in solchen Fällen allerdings meistens nicht herum, da oft aufwändige Hilfsbauwerke errichtet werden müssen, bevor der Einbau erfolgen kann. Deshalb suchen Planer immer wieder nach praktikablen Lösungsalternativen, die sich schnell und einfach realisieren lassen. Eine gute Lösung zeigt ein Ersatzneubau einer Eisenbahnüberführung am Bahnhof in Grimmen in Mecklenburg-Vorpommern. Hier setzten die Verantwortlichen statt der Ortbetonbauweise auf den Einsatz von Rahmenfertigteilen aus Stahlbeton.

Die zweigleisige Bahnverbindung zwischen Grimmen und Stralsund wurde 1878 als letzter von drei Abschnitten der „Berliner Nordbahn“ eröffnet und wird seitdem hauptsächlich für die Abwicklung des Regionalverkehrs genutzt. Die Wegunterführung am Bahnkilometer 200,2+26 kreuzt die Eisenbahnstrecke in einem Winkel von 90 Grad und dient der Unterführung eines Geh- und Radweges. Sowohl technisch als auch wirtschaftlich befand sich das alte Bauwerk, bestehend aus Natursteinwiderlagern und einem Gewölbe aus Ziegelmauerwerk, seit längerer Zeit schon in einem sanierungsbedürftigen Zustand.

Dreimonatige Bauphase

Weil für den Bau der Eisenbahnüberführung nur eine kurze Bauphase zur Verfügung stand, entschieden sich die Verantwortlichen hier für eine Bauweise mit Fertigteilen aus Stahlbeton. Nico Kosching, Geschäftsbereichsleiter der ITG Ingenieur-, Tief- und Gleisbau GmbH aus Stralsund erläutert die Maßnahme: „Die Streckenertüchtigung erfolgte in einem Abschnitt von insgesamt 47 KM. Hier waren insgesamt 12 Durchlassbauwerke in offener bzw. geschlossener Bauweise als Stahlrohrdurchlässe zu erneuern. Hinzu kam noch der sehr zeitaufwändige Ersatzneubau der Eisenbahnüberführung der Peenebrücke in Demmin als Stahlfachwerk mit einer Stützweite von 85 m und ca. 900 to Stahl. Aus diesem Grund sah das Zeitfenster nur eine dreimonatige Bauphase für den Ersatzneubau der Eisenbahnüberführung in Grimmen vor. Daher haben wir uns dazu entschieden, das komplette Bauwerk quasi als Bausatz aus Fertigteilen auf die Baustelle liefern und montieren zu lassen.“

Montage der 16 Bauteile erfolgte in gut 2 Tagen

Insgesamt 16 Bauteile der Firma Kleihues Betonbauteile GmbH & Co. KG aus Emsbüren mit einer max. Breite von 5,05 m und einer max. Länge von 12 m, sowie einem Einzelgewicht von bis zu 38,4 Tonnen wurden an Ort und Stelle gebracht. Da die örtlichen Verhältnisse sehr beengt waren, war dies eine echte logistische Meisterleistung. Hierzu Nico Kosching: „Die Fertigteile wurden zunächst über einen straßengebundenen Sondertransport mit Schwerlast- LKW zum Bahnhof Grimmen gebracht. Hier wurden die Elemente auf einen gleisfahrbaren Auflieger geladen und liegend zur Baustelle gebracht, wo sie von einem 150-Tonnen Eisenbahndrehkran zunächst aufgerichtet und dann an Ort und Stelle versetzt wurden. Die formschlüssige Montage der Rahmen erfolgte durch Verkleben mit Epoxidharz-Mörtel. Anschließend wurde mit einem Stabspannsystem kraftschlüssig für den Endzustand verspannt. Alles in allem erfolgte die reine Montage der Elemente in gut zwei Tagen“, so Kosching.

Oben Rad- und Gehweg – unten Medienkanal

Neben der kurzen Bauzeit bot die Fertigteilbauweise hier aber noch einen weiteren Vorteil. Im Wegbereich des Durchlasses verläuft die einzige Ablaufdruckrohrleitung der Kläranlage Grimmen. Die Leitung führt das gesamte gereinigte Wasser (ca. 125 m³/h) der Stadt Grimmen und Umgebung ab. Die Leitung besteht aus einem Rohr DN 500 aus GFK in einem Schutzrohr DN 700 aus Stahl. Um die Ablaufdruckleitung (Schutzrohr DN 700 St.) in die Brücke zu integrieren, musste die lichte Höhe ohne den Wegeinbau auf 3,90 m gesetzt werden. Nico Kosching erklärt: „Es handelt sich bei dem Durchlass daher um ein kombiniertes Bauwerk. Unterhalb des Rad- und Gehweges werden die Ablaufdruckrohrleitung und diverse weitere Medien, wie z.B. Telefonkabel, durchgeleitet. Dank der Fertigteillösung war dies recht einfach zu realisieren.“

Reduzierung der Arbeitsschritte

Noch ein weiterer Vorteil der Fertigteilbauweise schlägt hier zu Buche: „Fertigteile werden unter kontrollierten Bedingungen und laufenden Qualitätskontrollen im Werk produziert“, erklärt Dipl. Ing. Paul-Martin Großkopff, Geschäftsführer des Herstellers Kleihues. „Hierdurch ergibt sich im Vergleich zur Ortbetonbauweise oft eine bessere Betonqualität, die auch optische Vorteile bietet. Außerdem sind durch den Einsatz von Fertigteilen deutlich weniger Arbeitsschritte erforderlich. Dies kann oft Bauvorhaben vereinfachen und mögliche Fehlerquellen reduzieren.“ Die Inbetriebnahme der Strecke erfolgte am 30.06.2022.

Weitere Informationen unter:
www.kleihues-beton.de
KD2205029
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