Der Umgang mit Smartphone, Navigationsgerät oder Online-Banking ist für viele von uns selbstverständlich und alltäglich. Aber warum bereitet vielfach allein der Gedanke an den Verzicht auf Papierakten bei Behörden so viel Unbehagen?
Ältere Menschen erinnern sich noch an Telefongeräte aus einem Kunststoff namens Bakelit. Diese Geräte waren wuchtig, schwarz und die Hörer so schwer, dass längeres Telefonieren selten stattfand. Die heutige Generation kennt diese Technik genau so wenig, wie das Wort Bandsalat, weil Musik nicht mehr über Tonbandgeräte oder Kassettenrecorder konsumiert wird. pAkten sind aber noch viel älter als Bakelit; schon einem Ägypter war Papier nicht fremd.
Papierblätter in Aktenordnern zu sammeln, auf diesen Gedanken kam zum Ende des 19. Jahrhunderts ein Herr Soennecken aus Bonn, in der Schweiz wurden Aktenordner schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts produziert. Frei nach Goethes Faust: Denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.
Elektronische Dokumente finden selten den Weg in die pAkte
Wenn wir heute über eGovernment sprechen, also über einen Weg, Informationen innerhalb und zwischen Behörden und Unternehmen bzw. Bürgerinnen und Bürgern digital auszutauschen, dann sollte die gute alte Papierakte in den wohlverdienten Ruhestand gehen dürfen. Sie war lange genug eine verlässliche Stütze der Verwaltung. In den letzten Jahren hat jedoch die Verlässlichkeit der pAkte mehr und mehr gelitten. Diejenigen, die die pAkten geführt haben, sahen sich neuen Herausforderungen gegenüber. Die Kommunikationswege sind vielfältiger geworden.
Heute kommen täglich eMails ins Haus und diese Mails haben zudem vielfach Dateianhänge. Wir nutzen Fachprogramme, die zwar auch Dokumente erzeugen, aber in digitaler Form. Eine pAkte hätte heute noch die gleiche Aussagekraft wie vor 150 Jahren, wenn die geschäftsrelevanten Mails und Dateien, sowie die Dokumente aus den zahlreichen Fachprogrammen ausnahmslos ausgedruckt und dann abgeheftet -veraktetwürden. Das findet aber nur in den wenigsten Fällen statt (wenn überhaupt!).
Wichtige Informationen befinden sich eben nicht mehr ausschließlich in den pAkten, sondern auch in Outlook, auf Laufwerken oder in Fachprogrammen. Deswegen sind pAkten nicht mehr die verlässlichen Informationssammler, die sie einmal waren. Diese Eigenschaft haben sie verloren, seit die mechanische Schreibmaschine der Datenverarbeitung gewichen ist – auch schon ein Weilchen her. Wenn sich heute beispielsweise ein Richter über das Studium der behördlichen pAkte ein Bild von einem Vorgang machen will, dann scheitert er häufig. Manchmal scheitert er allein deshalb, weil die pAkte in der Behörde verloren gegangen ist.
Kopieren ist in vielen Behörden zwar noch an der Tagesordnung, aber Sicherungskopien von ganzen pAkten gibt es nicht. Was weg ist, ist weg.
Der Griff zur e(lektronischen)Akte
Ersetzt eine eAkte die pAkte? Nein, einfaches Ersetzten würde eine eAkte schlicht unterfordern! Eine eAkte kann viel mehr, als eine pAkte jemals leisten konnte. Sie kann nicht nur digitalisierte Papierdokumente aufnehmen, sie freut sich auch über eMails und deren Dateianhänge. Angst vor digitalen Dokumenten aus Fachverfahren hat sie auch nicht, dass passt alles. Die Furcht vor dem Verlust der Informationen ist nicht mehr begründet. eAkten werden permanent elektronisch gesichert und sind somit reproduzierbar. eAkten sind im Gegensatz zu pAkten auch nicht ortsgebunden. Beispielsweise findet eine Antragsannahme, die auf pAkten basiert, klassisch dort statt, wo die Akten hängen. Mit der eAkte ist das anders.
Überall da, wo die Mitarbeitenden sind, sind die Akten. Wenn der Raum oder das Dienstgebäude gewechselt wird, sind die Akten schon da. Das ermöglicht auch flexible Formen der Arbeit. Wer den Aktenbestand elektronisch vorhält, der kann seinen Mitarbeitenden das Arbeiten von zu Hause aus ermöglichen. Führungskräfte haben die Möglichkeit, mobil von unterwegs auf die Akten zuzugreifen. Ganz besonders interessant sind eAkten aus der Sicht des Datenschutzes. pAkten datenschutzgerecht zu bearbeiten, zu lagern und intern weiterzuleiten sind besondere Herausforderungen im Behördenalltag. Mit der eAkte sind Zugriffsrechte an Akten trennscharf auf einfache Art und Weise zu realisieren.
Das waren nur einige Aspekte aus der Vorteilswelt der eAkte. Die Palette ist noch erheblich umfangreicher. Das Störgefühl, dass pAkten in Zeiten von eGovernment hervorrufen, lässt sich an folgendem Bild gut festmachen. Wenn viele Menschen die eGovernmentangebote einer Behörde nutzen aber pAkten im Hause gesetzt sind, dann sollte ein möglichst großer Raum mit dutzenden Druckern vorhanden sein, die das Papier produzieren, was in die pAkten verbracht werden muss. Das passt so gut zusammen wie ein Formel 1 Wagen auf Holzrädern.
Teuer und kompliziert – Wer Visionen hat, der sollte…
Die Ansicht zu eAkten ist vielfach durch Ahnungen, Meinungen und Vorstellungen geprägt und hat somit nicht viel mit Wissen zu tun. Das muss sich schnell ändern! In Nordrhein- Westfalen wird bei der Stadtverwaltung Witten die eAkte seit vielen Jahren eingesetzt. Obwohl die Stadt Witten eine der sogenannten Haushaltssicherungsgemeinden in NRW und die wirtschaftliche Situation somit also erheblich angespannt ist, gehört die eAkte zum Standard der Bürokommunikation und wird im ganzen Haus „ausgerollt“. Sie hat zwar ihren Preis, aber der rechnet sich innerhalb kürzester Zeit.
Kompliziert ist der Wechsel auf elektronische Akten, wenn jeder Fachbereich eine eigene eAkte bekommt, die sich von denen der anderen Aufgabenbereiche unterscheidet. Wenn so mit der Zeit zwanzig bis vierzig verschiedene eAkten in einer Behörde vorhanden sind, dann nähert man sich babylonischen Verhältnissen mit den bekannten Folgen. Witten macht es aber nicht kompliziert. Die eAkte Witten sieht (übrigens wie jede pAkte) überall gleich aus. Ob sie im Personalamt, Rechtsamt, Rechnungsprüfungsamt oder Jugendamt eingesetzt ist, sie ist immer gleich. Das unterscheidet sie von vielen anderen Lösungen auf dem Markt.
Zudem beherbergt Witten auch eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes NRW (Flüchtlinge). Da trifft es sich gut, dass die mit dieser Aufgabe u.a. betrauten Organisationsbereiche (Sozialamt und Ausländerstelle) beide über die eAkte Witten verfügen. Daten können vor Ort mit Laptops erfasst und Dokumente elektronisch ausgetauscht werden. Akten werden automatisiert angelegt. Das erspart viel Arbeitszeit, führt zu schnelleren und gesicherten Ergebnissen und ist Ausdruck behördlichen Arbeitens zu eGovernment-Zeiten.
Die Visionen hatte Witten bereits vor Rechtskraft des ersten eGovernmentgesetzes in der Bundesrepublik. Es war erklärter Wille, zeitgemäß zu arbeiten und die Vorteile der eAkte zu nutzen. Heute arbeiten fast alle Mitarbeitenden im Rathaus (Hauptdienstgebäude) mit der eAkte Witten. Die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer steigt Jahr für Jahr. Auf Unbehagen trifft man in Witten somit nur noch dort, wo mit der pAkte gearbeitet wird. Ein Ende ist aber absehbar, dann gibt es in der Behörde schlicht keine Papierakten mehr.
Volker Staupe, Projektleiter dms bei der Stadt Witten
www.witten.de